Fridays for Future, die verantwortungslose Politik im Land Baden-Württemberg und in der Stadt Stuttgart und das dröhnende Schweigen zu Stuttgart 21

Rede auf der 484. Montagsdemonstration gegen Stuttgart21

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Hallo Kretsch!

Ursprünglich gingen Sie ja mit der Bewegung „Fridays for Future“ hart ins Gericht. Da sagten Sie doch im April, einmal die Schule schwänzen, das sei ja noch kurzzeitig zugelassener „ziviler Ungehorsam“. Doch diese Freitags-Demos dürften „nicht ewig so weitergehen.“ Wer die Regeln verletze, der müsse „mit Sanktionen rechnen. Und wenn man sanktioniert wird, dann darf man nicht jammern. […] Sonst sucht sich zum Schluss jeder sein Thema aus, das er dann irgendwie moralisch auflädt – und das geht nicht.“

Das ist eine interessante Interpretation der Klimaproteste: Alle sind sie „irgendwie moralisch aufgeladen“. Nur Sie, der MP, bleiben cool.

Und dann, Herr Ministerpräsident, ließen Sie ja auch sanktionieren. Es war ihre Kultusministerin Eisenmann, die die Freitagsdemos untersagen ließ. Ganz altväterlich-besserwisserisch kommentierten Sie: Man müsse den Jugendlichen „schon ein bisschen Demokratie beibringen. […] Eine aufgebrachte Jugendbewegung kann nicht alle Regeln außer Kraft setzen.“

Doch damit kamen Sie und Ihr Kabinett nicht durch. „Der Käs“ war damit gar nicht „gesse“; vielmehr gingen die Freitagsdemos weiter. Und sie finden erfreulicherweise bis heute statt. Das ist zwar nicht „ewig“, aber nun doch bereits ein Dreivierteljahr – mit dem wunderbaren Höhepunkt am 20. September, als allein in Stuttgart mehr als 20.000 Menschen auf den Straßen waren. Bundesweit waren es mehr als eine Million.

Doch zurück zu Ihrem ursprünglichen autoritären Umgang mit den „Fridays“: Irgendwann im Frühsommer muss jemand aus Ihre Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit gesagt haben: Keine Sanktionen! Keine Kritik! Man muss die jungen Leute UMGARNEN, UMHEGEN und UMARMEN! Und dabei müsse man nochmals so richtig in den Farbtopf greifen und einen sowas von auf „grün“ machen. In Ihren eigenen, gedrechselten Worten: „Dass wir jetzt mit den Fridays for Future als Grüne nicht die größten Probleme haben, das ergibt sich ja aus dem Thema.“

Also luden Sie im Juli eine Gruppe von Fridays for Future-Schülerinnen zu sich in die Villa Reitzenstein ein. Genauer gesagt: Das Schauspiel Stuttgart – mit Schauspielintendant Burkhard Kosminski an der Spitze – inszenierte diese Veranstaltung im Juli im Reitzenstein-Park. Mit dabei waren unter anderem Innenminister Thomas Strobl (CDU), Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Grüne) und der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Andreas Stoch.

Und alle ließen sich dort brav auf die Vorgaben der Schülerinnen mit ihren Sprecherinnen Lucia Parbel und Nisha Toussaint-Teachout ein. Alle Anwesenden mussten sich jeweils mit ihrem Lieblingstier vorstellen. Das klang dann bei Ihnen so: „Ich heiße Winfried Kretschmann und meine Lieblingstiere wechseln. Zurzeit ist das der Mauersegler.“

Seien Sie ehrlich! Ganz kurz hatten Sie überlegt, ein Scherzchen zu wagen und zu sagen, Ihr Lieblingstier sei der „Juchtenkäfer“. Doch da rissen Sie sich zusammen. Hatten Sie doch von Ihren Beratern die strikte Anweisung erhalten, nicht zu provozieren. Und vor allem: Alles zu tun, um das Thema Stuttgart 21 erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Im Park konnten dann Politiker und Jugendliche jeweils innerhalb von 60 Sekunden politische Anträge vortragen. Der Langweiler Cem schlug vor, dass „Bundesligavereine CO2-neutral“ werden sollten. Originell war dabei, dass Andreas Stoch die Einführung eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs forderte. Klar, in der Opposition kann man schon mal heftig links blinken. Allerdings sind die Fridays for Future-Leute ja nicht blöd. Sie wissen, dass in Berlin die SPD mittregiert. Und dass in der Großen Koalition die Parteien CDU, CSU und SPD gemeinsam einen solchen Nulltarif im ÖPNV ablehnen. Nicht einmal ein Fitzelchen dieser Forderung taucht im neuen Klimapaket der Bundesregierung vom 20. September auf – auch nicht das 365-Euro-Modell aus Wien, also 1 Euro je Tag im öffentlichen Verkehr.

Die Fridays-for-Future-Aktivistin Lucia Parbel hatte absolut recht, als sie im Villa-Reitzenstein-Park – Bezug nehmend auf ein Zitat – sagte: „Bei andauerndem Missbrauch der Staatsgewalt besteht ein Notwehrrecht des Volkes.“ Schließlich sei, so ihre Mitstreiterin Nisha Toussaint-Teachout, die Klimakrise nur die Spitze des Eisberges. „Was darunter liegt, ist […] eine Gerechtigkeitsfrage.“

Sehr geehrter Herr Verkehrsminister – hallo Winfried Hermann!

Sie hatten bereits Anfang Juli Schülerinnen und Schüler nach der Freitagsdemo ins Ministerium zu einem Austausch eingeladen. Zwei Wochen später, im Park der Villa Reitzenstein, da waren Sie dann ausgesprochen bescheiden. Sie forderten „mehr Zebrastreifen und weniger Ampeln für Fußgänger“. Das könnte glatt vom linken Flügel der FDP stammen.

Nochmals zwei Monate später, nach der Verkündung des Klimapakets der Bundesregierung, dann wieder klare Kante – allerdings in Richtung Berlin. Sie kritisierten Merkel, Scholz & Co. wie folgt: „Von einer Verkehrswende im Sinne einer nachhaltigen Mobilität ist [beim Klimapaket der Großen Koalition; W.W.] noch nicht viel zu sehen“. Es sei zwar richtig, wenn die Bahn attraktiver gemacht, die Mehrwertsteuer dort gesenkt und Kurzstreckenflüge mit Steuern belastet würden. Wichtig sei jedoch, „dass die Bedeutung des Automobils zurückgedrängt wird.“

Auch das ist gut links geblinkt. Darauf wird zurückzukommen sein.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister – hallo, Fritz Kuhn!

Sie waren ganz früh bei den Fridays – bereits im April gesellten Sie sich auf eine Friday-for-Future-Demo in Stuttgart. Sie gaben da das nachdenkliche Stadtoberhaupt. Jemand, der „gut zuhören kann“.

Und dann hatten Sie am Donnerstag, dem 11. Juli, Ihren großen Auftritt. Sie schlugen für die Landeshauptstadt Stuttgart ein „Aktionsprogramm Klimaschutz“ mit dem Titel „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ vor. Die dafür in Aussicht gestellten 200 Millionen Euro waren zwar ein bisschen billig – zumal das Geld ja ausschließlich aus den Haushaltsüberschüssen des Jahres 2018 stammt, es also gewissermaßen gar nicht kostet. Dennoch klingt das gut: Dieses Geld soll – so Ihr Sagen bei der Präsentation – für „mehr Grün und für mehr Wasser in der Stadt“ eingesetzt werden.

Die konkreten Punkte in dem „Aktionsprogramm Klimaschutz“ lauten unter anderem: „Flachdächer und Fassaden begrünen“, „Photovoltaik-Anlagen an allen Schulen“ – ein „stadtweites Verbot so genannter Heizpilze“, der „konsequente Ausbau des ÖPNV“, die „Förderung des Rad- und des Fußverkehrs“, und, natürlich – ihr Lieblingsprojekt – der „Ausbau der Infrastruktur für die E-Mobilität“. Und dann auch – Donnerwetter! – eine „weitgehend autofreie Innenstadt“.

Schließlich sagten Sie zu, die Stadt Stuttgart werde sich „als Gesellschafter des Manfred-Rommel-Flughafens dafür einsetzen“, dass es „keine Flüge mehr gibt zu Orten, die mit der Bahn in etwa zwei Stunden zu erreichen sind.“

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Soviel zu dem, wie Sie, Herr Ministerpräsident, Sie, Herr Verkehrsminister, und Sie, Herr Oberbürgermeister auf die Fridays for Future-Bewegung reagieren und was Sie in diesem Zusammenhang versprechen zu tun.

Nun stellen Sie, Herr Kretschmann und Sie, Herr Hermann, bereits gut achteinhalb Jahre die führende Partei in der Landesregierung – mit den Positionen Ministerpräsident und Verkehrsminister unter grüner Kontrolle. Und Sie, Herr Kuhn, sind bereits sechseinhalb Jahre Oberbürgermeister der Landeshauptstadt. Das ist jeweils ausreichend Zeit, um eine klimapolitische Bilanz zu den Verkehrsarten zu ziehen, die Sie selbst unter den Klimaschädigenden als entscheidend angesprochen haben: zum Autoverkehr und zum Flugverkehr.

Im letzten Jahr vor der Bildung der ersten grün-roten Landesregierung, 2010, gab es in Baden-Württemberg 5,72 Millionen Pkw. Im April 2019 waren es 6,67 Millionen. Das war ein satter Zuwachs von 16,5 Prozent. Da könnte man sagen: Das ist halt so – es wächst schließlich überall. Das ist zwar eine billige Ausrede, doch geschenkt. Denn in Wirklichkeit wuchs der Pkw-Bestand bundesweit im gleichen Zeitraum „nur“ um 13,3 Prozent. Das heißt: In Baden-Württemberg liegt das Wachstum des Pkw-Bestands deutlich – um gut 3 Prozentpunkte – über dem Bundesdurchschnitt. Es gibt unter grüner Regentschaft ein deutliches überproportionales Wachstum der Pkw-Zahl. Soviel, Herr Hermann, zu der von Ihnen behaupteten Notwendigkeit „die Bedeutung des Automobils zurückzudrängen“.

Nicht wesentlich anders sieht die Statistik für die Landeshauptstadt aus. Ende 2018 waren dort exakt 301.586 Pkw registriert; rund 30.000 mehr als vor 10 Jahren – oder 20.000 mehr als zum Amtsantritt von Ihnen, Herr Kuhn. Und während in Ihren Reden zum Thema Autoverkehr die „E-Mobilität“ gefühlt 50 Prozent in Anspruch nimmt, gibt es in Stuttgart 1560 Elektroautos, was 0,5 Prozent des Bestands ausmacht – oder ein Hundertstel Ihres Wortgeklingels. Der Anteil der Geländewagen am gesamten Pkw-Bestand dagegen wächst beständig; er macht bereits 25 Prozent aus. Und der Anteil der extrem CO-2-intensiven SUVs im weiteren Sinn liegt bei rund einem Drittel.

Es ist völlig unerklärlich, wie man unter Bedingungen, bei denen die Stadt mit Autos immer weiter zugestellt und das Stadtklima kaputt gefahren wird, unter den Bedingungen eines Dauerstaus, angesichts der ständig neuen Rekorde bei den Feinstaubmessungen … wie man unter diesen Bedingungen vom Ziel „weitgehend autofreie Innenstadt“ salbadern kann.

Oder nehmen wir den Flugverkehr. Sie, Herr Kuhn, sagten, man werde „im Rahmen der Möglichkeiten“ Einfluss darauf nehmen, den Flugverkehr zu reduzieren und Flüge, deren Ziel binnen zwei Stunden mit der Bahn erreichbar ist, auf die Schiene zu verlagern. Das ist natürlich lachhaft. Flüge Stuttgart – München oder Stuttgart – Frankfurt gibt es so gut wie nicht. Sie schlagen vor, dass etwas Kaum-Stattfindendes kaum stattfinden möge.

Das grundsätzliche Ziel, Flugverkehre zu begrenzen, ist dabei natürlich ein richtiges. Halten wir dazu zunächst fest: Der Manfred-Rommel-Airport wird zu 90 Prozent vom Land Baden-Württemberg und von der Stadt Stuttgart kontrolliert. Die übrigen Anteile hält die Region, die ebenfalls im Wesentlichen von der Grünen-Partei mitbestimmt wird. Es gibt hier also erhebliche Möglichkeit, Klimapolitik durch Reduktion von Flugverkehr zu betreiben.

Doch sehen wir uns die konkreten Zahlen zum Flugverkehr an. Im letzten Jahr vor Grün-Rot, im Jahr 2010, wurden auf dem Airport Stuttgart 9,227 Millionen Fluggäste gezählt. Im letzten Jahr (2018) waren es dann 11,834 Millionen. Das ist ein Super-Plus von 28,2 Prozent oder das sind 3,5 Prozent Wachstum jährlich. Damit wächst der Flugverkehr so schnell wie keine andere Verkehrsart und nochmals wesentlich stärker als das Bruttoinlandsprodukt. Man hebt hier förmlich ab – zum massiven Schaden des Klimas. Auch hier gilt also: Die rote Verkehrsart, der besonders klimaschädigende Flugverkehr, wächst überproportional im grün regierten Land.

Das gilt im Übrigen auch für die Luftfracht. Diese wuchs beim Stuttgarter Flughafen im gleichen Zeitraum ebenfalls um 28 Prozent. Wobei Luftfracht eigentlich strikt verboten werden müsste; sie ist absolut unnötig und immens CO-2-intensiv.

Sehr geehrte Herren Ministerpräsident, Verkehrsminister und Oberbürgermeister,

eine Sache fällt ja jedem in Stadt und Land auf:

In all Ihren Reden zum Thema Klima, bei all Ihrem Auftreten bei den Fridays und bei allem Anschleimen an die Klimabewegung – allüberall fehlt ein gebührliches Eingehen auf das größte Verkehrsprojekt in dieser Stadt. Ja, es handelt sich um das größte Infrastrukturprojekt überhaupt in Deutschland. Das müsste doch ausgiebig bei all dem Erwähnung finden. Tut es jedoch nicht.

Wenn Sie, Herr Kuhn, verschwurbelt von der „blauen Infrastruktur in der Landeshauptstadt“ sprechen, dann dürften viele Bürgerinnen und Bürger an die gigantischen blauen Rohre denken, die die Stadt seit Jahren durchziehen, um das Stuttgart21-Grundwasser hoch- und wieder in die Tiefe zu pumpen. Sie dagegen versprechen mit dem Hinweis auf „blaue Infrastruktur“ jedoch „viele Trinkwasserspender auf öffentlichen Plätzen und Spielplätzen“.

Sie, Herr Kuhn, reden des Weiteren davon, man werde jetzt „1.000 weitere Bäume und 25 Kilometer Hecken (pflanzen) […] sowie 10 Hektar blühende Wiesen“ anlegen. Die klimabewusste Bürgerin und der umweltbewusste Bürger dieser Landeshauptstadt denkt da doch unwillkürlich an die mehr als 200 Bäume, die im Schlossgarten abgeholzt wurden! Sie denken an die Zerstörung von mehreren Hektar Schatten spendende Grünanlagen, die für Stuttgart 21 geopfert wurden! Sie denken an das Fällen von Dutzenden Bäumen, die mehr als hundert Jahre alt waren, was also in Jahrzehnten nicht mehr wettgemacht werden kann!

Nicht dass wir Sie für die Zerstörung dieses Stadt-Schatzes primär verantwortlich machen wollten – das waren vor allem Taten, die unter MP Mappus, unter OB Schuster und unter der Verkehrsministerin Tanja Gönner begangene wurden.

Doch diese Frevel zu beschweigen, neun Jahre lang die zerstörerische Politik des S21-Baus fortzusetzen, dann einen Koalitionsvertrag mit der CDU zu beschließen, in dem es wörtlich heißt: „Das Land unterstützt die planmäßige und zügige Umsetzung des Projekts Stuttgart 21“ und schließlich noch, wie Sie, Herr Kretschmann es taten, dem Schlossgarten-Schlächter Schuster die Ehren-Professoren-Würde zu verleihen – das ist schon ein Schandstück, ist ein Frevel, ist ein Klimaverbrechen.

Und vor allem gilt doch: Sie schweigen zu Stuttgart 21 ausgerechnet in diesen Zeiten einer neuen Klimabewegung und in diesen Zeiten einer neuen Krise der Deutschen Bahn AG, bei der dieses gigantische Verlustprojekt eine zentrale Rolle spielt.

Es gibt dieses dröhnende Schweigen,

  • obgleich allein der Bau von Stuttgart 21 nach einer jüngeren Studie mit bis zu 5,6 Millionen Tonnen CO-2 verbunden ist
  • obwohl mit Stuttgart 21 im Schienenverkehr ein Flaschenhals geschaffen wird, der nachweislich das sinnvolle, neue, zentrale Ziel der Bundesregierung, einen deutschlandweiten integralen Taktfahrplan – genannt: Deutschlandtakt – zu realisieren, im Südwesten blockieren wird
  • obgleich es mit Stuttgart 21 aufgrund dieser Flaschenhals-Schaffung zu einer weiteren Verlagerung von Schienenverkehr auf die Straße und in die Luft kommen muss
  • obgleich mit S21 10 Milliarden Euro Steuergelder dafür aufgewandt werden, eine bestehende und gut funktionierende Schieneninfrastruktur zu verkleinern, womit auch diese riesige Summe öffentlicher Gelder anderswo, wo sie für Klimaschutz dringend benötigt werden würde, fehlen wird
  • obwohl es mit Stuttgart 21 zu einem Zubau und zu einer Zubetonierung des Gleisvorfeldes kommt, womit sich das Stadtklima im Stuttgarter Kessel weiter verschlechtern muss
  • obwohl inzwischen mit Stuttgart 21 die existentielle Krise der Deutschen Bahn AG maßgeblich verschärft wird.

Das Beschweigen dieses Umwelt- und Klimaskandals ist peinlich. Ihr Schweigen zeugt von einem zutiefst schlechten Gewissen. Das Schweigen ist schändlich: Damit wird die tatsächliche Klimasituation in Stuttgart und Region heute und in absehbarer Zukunft völlig falsch, krass rosa eingefärbt, dargestellt. Und dieses dröhnende Schweigen ist zutiefst unmoralisch. Man lässt sehenden Auges zu, dass Zukunft verbaut, dass Klimaverbrechen in Beton gegossen, dass mit den Hoffnungen vieler, vor allem junger Menschen, Schindluder getrieben wird.

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, die wir zehn Jahre Widerstand gegen Stuttgart 21 begehen!

Gäbe es die zivilgesellschaftliche Bewegung gegen Stuttgart 21 nicht, man müsste sie schlicht erfinden. Die Menschen auf den bislang 484 Montagsdemos und die wunderbare Mahnwachen-Gruppe mit ihrer mehr als neunjährigen Präsenz – diese und damit wir alle zusammen – sind der wesentlicher Faktor dafür, dass der Skandal Stuttgart 21, der immer größere Ausmaße annimmt, der unsere schlimmsten Befürchtungen noch übertrifft, ein öffentlich bewusst gemachter bleibt. Und dass er sich zunehmend wieder zu einem bundesweit erkannten Skandal ausweitet.

Die Bewegung gegen Stuttgart 21 ist ein wesentliches Element, das der neuen Klimabewegung vorausging und das die Fridays for Future-Bewegung ergänzt.

Die Losungen der Fridays „Es gibt keinen Planeten B“ und „system change – not climate change“ sind auch die unseren:

Wir kämpfen um diesen Planeten A. Wir fordern in dieser Stadt S das „Recht auf Stadt“. Das System, in dem Wachstumszwang, Profitmaximierung und Ellbogenkonkurrenz im Zentrum stehen, gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. „System change – not climate change“: Wir wollen eine Gesellschaft, in der der Schutz von Umwelt und Klima, der Mensch und die menschliche Würde und in der die Solidarität im Mittelpunkt stehen.

Wir lassen uns nicht entmutigen von den Hoffnungszerstörern. Wir lassen uns nicht korrumpieren von den Macht-Geilen. Wir lassen uns nicht unterkriegen von den Politik-Zynikern.

Wir werden OBEN BLEIBEN.

Verwandte Quellen u.a.: Website der Stadt Stuttgart vom 11.Juli 2019 // Website des Verkehrsministeriums vom 5. Juli 2019 // dpa 20.7.2019 [zum F4F-Treffen mit dem MP in der Villa Reitzenstein] // swr vom 12. September 2019 [zur Kritik Hermanns am Klimapaket der Bundesregierung] // Pkw-Bestand Bundesrepublik Deutschland und Baden-Württemberg nach: Kraftfahrzeugbundesamt, Juli 2019 // Pkw-Bestand in Stuttgart nach: Statistisches Amt Baden-Württemberg; zusammengefasst in: Stuttgarter Nachrichten vom 18. Februar 2019 // Angaben zum Flugverkehr ab Stuttgart: Airport Stuttgart, Statistischer Jahresbericht 2018 // CO-2-Emmissionen von S21 nach: Karlheinz Rößler, Quantifizierung der Treibhausgasemissionen des Projekts Stuttgart21, München 2017 – zusammenfassend dargestellt in: Winfried Wolf, abgrundtief + bodenlos. Stuttgart 21, sein absehbares Scheitern und die Kultur des Widerstands, März 2019, S.300f. //

Diese Rede auf der Montagsdemo am 7. Oktober 2019 erschien als Flugblatt in Stuttgart und dann hier auf der Website www.bei-abriss-aufstand.de.