Das Virus. Die Krise. Das Kapital

Wann, wenn nicht jetzt ABRÜSTEN!

Wir erleben die schlimmste Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Und dies auf drei Ebenen. Da gibt es – ERSTENS – die Corona-Epidemie, die sich seit Februar 2020 auch durch Europa und die USA frisst. Diese stößt – ZWEITENS – auf einen Gesundheitssektor, der seit drei Jahrzehnten krankgeschrumpft, kaputtgespart und zur Profitmaschine für Private umgebaut wurde. Wobei sich dies dann – DRITTENS – mit einer Wirtschaftskrise verbindet, die Ende 2019 einsetzte und die nun – zusammen mit der Corona-Epidemie – viral wird. In diesem Dreifach-Mix kann dies zu einem materiellen und gesellschaftlichen Crash führen mit massivem Wirtschaftseinbruch und mit allein in Deutschland zwei Millionen zusätzlichen Menschen ohne bezahlte Arbeit, also mit einem faktischen Arbeitslosenheer von sechs Millionen.

Besonders beunruhigend ist dabei: Es ist eine Krise mit Ansage. Seit knapp einem Vierteljahr, seit dem 7. Januar 2020, starren die Regierenden, die Epidemiologen und die Wirtschaftsfachleute auf Wuhan. An diesem Tag gestanden die Offiziellen in der VR China erstmals den Ausbruch der Corona-Virus-Epidemie ein. Man wusste Bescheid. Noch krasser: Die Bundesregierung spielte 2013 auf der Basis der Erfahrungen mit SARS die Möglichkeiten einer solchen Epidemie bereits konkret durch. Sie kam dabei zu sehr ähnlichen Ergebnissen, wie wir sie jetzt erleben. Doch es geschah: NICHTS (siehe rechte Spalte).

Im Gegenteil. Seit gut zwei Jahrzehnten gibt es einen kontinuierlichen Bettenabbau von insgesamt fast einem Fünftel (siehe Tabelle). Auch nach dem 7. Januar 2020 gab es keinen Aufbau von Betten. Keine breit angelegte Aktivierung von Ärztinnen und Ärzten im Ruhestand. Keine ausreichende Beschaffung von Mund-Nase-Masken, von Schutzkleidung, von Beatmungsgeräten. Kein Bau von Notkliniken. Und: So gut wie alle Maßnahmen zur Eindämmung der Virus-Ausbreitung – sie kommen immer um eine Woche, wenn nicht zwei bis drei Wochen zu spät. Das ist nicht nur kopflos. Das ist grob verantwortungslos.

Das ist nicht alles. Während man im Gesundheitssektor „abrüstet“, wird weiter militärisch aufgerüstet. Drei Beispiele.

Beispiel 1 – Defender2020. Ende Januar, also zwei Wochen nach Ausbruch der Corona-Epidemie, starteten die USA, die Bundeswehr und verbündete Streitkräfte das Großmanöver Defender 2020. Dass das eine Provokation gegen Russland darstellt, ist das eine (siehe Seite 4). Doch das war zugleich und objektiv ein wirksames Mittel zur Verbreitung des Virus über viele Ländergrenzen hinweg: ein massenhafter Transport von Tausenden Personen, auf engstem Raum befindlich, durch USA, Italien, Deutschland, Polen und die baltischen Staaten. Erst am 12. März wurde das Manöver offiziell – auf Druck von außen – eingestellt.

Beispiel 2 – Rüstungsausgaben sollen weiter massiv steigen. Die Bundesregierung hält trotz vielfacher Mehrbelastungen daran fest, dass im laufenden Jahr bis zu 50 Milliarden Euro für Rüstung ausgegeben werden sollen: ein Rekord-Wehretat. Mitten in der Krise erklärten der NATO-Generalsekretär, flankiert von der deutschen Verteidigungsministerin, dass auch das Ziel, bis 2030 zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben, bestehen bleibt. Das entspricht einer Verdopplung der aktuellen Rüstungsausgaben.

Beispiel 3 – Airbus-Rüstungsproduktion läuft weiter. Der Konzern Airbus musste am 22. März seine Produktion in Frankreich und Deutschland einstellen. Die Konzernleitung teilte jedoch nach viertägiger Produktionspause mit, dass die Fertigung in vollem Umfang wiederaufgenommen wurde. Das heißt: Es sollen neue Flugzeuge produziert werden – obgleich viele Airlines vor dem Konkurs stehen. Obgleich der Flugverkehr massiv zur Klimaerwärmung beiträgt. Es wird auch die Produktion von Raketen, Munition und Rüstung aller Art fortgesetzt. Mehr noch: Inmitten der Corona-Krisen-Tage fällte die Bundesregierung die Entscheidung, dass Deutschland – zusammen mit Frankreich – das neue Kampfflugzeug Future Combat Aircraft System (FCAS) baut – das System eines „Kampfflugzeugs sowie die von ihm gesteuerten Drohnen und Bombenschwärme“, wie dies uns die FAZ erläutert. Dafür sollen insgesamt 500 Milliarden Euro (500.000.000.000 Euro) ausgegeben werden. Das ist mehr als das, was die EU aktuell zur Bekämpfung der Epidemie bereitstellen will. Wohlgemerkt: Das sind zu 100 Prozent Steuergelder. Airbus ist faktisch ein deutsch-französischer Staatskonzern.

Es ist unverantwortlich, in dieser Krise den fatalen Kurs von Rüstung und Kriegsvorbereitung fortzusetzen. Notwendig ist ab sofort der Einsatz aller Ressourcen im Kampf gegen die Epidemie. Konkret: Der gesamte Bundeswehr-Sanitätssektor mit 20.000 Soldatinnen und Soldaten ist aus dem militärischen Bereich herauszunehmen, unter zivile Kontrolle zu stellen und dem Gesundheitssektor zuzuordnen. Die gesamte Rüstungsproduktion und alle Rüstungsexporte sind umgehend einzustellen. Alle Ressourcen in diesem Bereich sind dem Kampf gegen die Epidemie zuzuordnen. Notwendig ist die Konversion der Rüstungsproduktion für zivile Ziele. Wie lobte noch der Westen die DDR-Friedensbewegung und den Slogan „Schwerter zu Pflugscharen“? Jetzt gilt: Bomben zu Betten. Kasernen zu Krankenhäusern. Atomraketen zu Atemgeräten. Alle Rüstungsausgaben sind umzuwidmen in Aktivitäten zur Stärkung des Gesundheitswesens.

Bleibt gesund! Seien wir solidarisch – vor allem mit denen, die in den Krankenhäusern, in den Arztpraxen und an den Lebensmittelkassen ihren harten Job machen! Bleiben wir dabei zugleich kämpferisch gegenüber denen, die dieses Desaster mit-verursacht haben und die in diesem Desaster und an der Corona-Krise nochmals verdienen wollen. Rüstung, Krankheit und Tod bilden ebenso eine Einheit wie Abrüstung, Frieden und Leben.

Dieser Beitrag erscheint auch in der Zeitung gegen den Krieg, Nr. 46