Zum Abbau des LenkMals in Stuttgart

Newsletter vom 9. Juli 2021

vor zwei Wochen wurde die Lenk-Skulptur „Chronik einer grotesken Entgleisung“ in Stuttgart abgebaut… und im Garten von Peter Lenk in Bodman bei Ludwigshafen, Bodensee, wieder aufgebaut. Ein detaillierter Bericht dazu findet sich HIER

Dem ging am 16. Juni eine Sitzung des Stuttgarter Gemeinderats voraus – mit dem Tagesordnungspunkt Lenk-Skulptur. An der Sitzung nahm Lenk teil. Alle Parteien – mit Ausnahme von DIE LINKE/SÖS – und der OB Frank Nopper beharrten auf der Position, dass die Skulptur vor dem Stadtpalais bis 30.6. abgebaut werden müsse. Es gab seitens des OB und der Stadtverwaltung nur einen einzigen alternativen Standort-Vorschlag – den Stockholmer Platz im Europaviertel, der von Lenk abgelehnt wurde, da es sich hier (unter anderem) um eine abweisende Betonwüste handelt. Lenk vertrat seine Position im Gemeinderat. Doch er stieß auf Ignoranz und taube Ohren.

Wobei es dabei bleibt: Es gibt nur einen einzigen sachlichen Grund, weswegen die Skulptur vor dem Stadtpalais verschwinden musste: Die Stadtverwaltung und die Parteien, die Stuttgart 21 umsetzen, also CDU, SPD, FDP und Grüne – wollen keine „Chronik einer grotesken Entgleisung“, ein Kunstwerk, das dauerhaft und an zentraler Stelle an das stadtzerstörerische Projekt Stuttgart 21 erinnert. Sie wollen das insbesondere heute nicht, wo allein in den letzten sechs Wochen zwei Starkregen-Ereignisse größere Teile der Landeshauptstadt, darunter S21-Tunnelbauten, unter Wasser setzten und den öffentlichen Verkehr stundenlang zum Erlegen brachten. Das ist ja EIN Aspekt unserer S21-Kritik, dass der Tiefbahnhof und die insgesamt 100 Kilometer langen neuen unterirdische S21-Tunnelanlagen (auch angesichts der klimatischen Veränderungen) enorme Risiken bergen und über kurz oder lang zu führen werden, dass ein S21-Tiefbahnhof schlicht und einfach absäuft …. Oder, wie es der S21-Architekt Frei Otto, der mit einer entsprechenden Begründung aus dem Projekt ausstieg, formulierte: „… dass der S21-Bahnhof wie ein U-Boot aufsteigt“.

Der Abbau der Skulptur und ihre Rückführung an den Bodensee ist – ich möchte nicht um den Brei herumreden – eine schwere Niederlage für unsere Sache, und auch für Peter Lenk (auch wenn er dies eher nicht so sieht). Es gibt zwar zwei kleine Lichtblicke: Erstens kann man sich die Skulptur im Skulpturengarten von Peter Lenk in Bodman ansehen. Zweitens gibt es eine vage Möglichkeit, dass der Bahnkonzern anbietet, dass die Skulptur im Bahnhof selbst (in der Haupthalle des Bonatzbaus) aufgestellt werden kann. Hier kam es bereits zu einer entsprechenden Kontaktaufnahme. Das wäre natürlich eine ausgezeichnete Lösung – eher noch besser als der Stadtpalais-Standort. Wobei ich skeptisch bin, ob man hier auf die inneren Widersprüche im S21-Lager bauen kann. Ein Teil des DB-AG-Top-Management mag der Auffassung sein, dass es „die Politik“ gewesen sei, die ihnen das Projekt Stuttgart 21 aufgezwungen habe. Andererseits entwickelt dasselbe Bahnmanagement bundesweit immer neue vergleichbar absurde und zerstörerische Projekte – so seit ein paar Wochen das Projekt eines auf zunächst auf 5 Milliarden Euro veranschlagten Fernbahntunnels in Frankfurt am Main. Siehe dazu auch unten das, was ich zum „Filmprojekt“ schreibe.

Insbesondere waren es schließlich Sie – und mit Ihnen mehr als 1300 Spenderinnen und Spender- , die mehr als 150.000 Euro aufbrachten und wesentlich dazu beitrugen, dass die Skulptur fertig erstellt werden konnte – und natürlich vor allem auch: dass sie IN STUTTGART aufgestellt wurde und dass sie als Mahnmal wirken sollte.

Es bleibt: Die Arbeit unserer Kampagne war nicht umsonst. Die Skulptur zeigte mehr als sieben Monate lang in Stuttgart Wirkung. Die Entscheidungen der Stadtverwaltung, Lenk zum Abbau der Skulptur zu zwingen, wurde in Dutzenden Medien kommentiert – und sie wurde AUSSCHLIESSLICH negativ kommentiert im Sinne von: die Verantwortlichen in Stuttgart sind ignorant, kleingeistig, kleinkariert.

Ich bedanke mich ein weiteres und letztes Mal für Ihre Unterstützung

Dr. Winfried Wolf (auch im Namen von Heino Berg, der die Finanzkampagne logistisch unterstützte).

PS: Wir – Heino Berg und ich – sind aktiv an dem neuen Filmprojekt „Klimabahn“ beteiligt. Klaus Gietinger als Regisseur und Bahnfreundinnen und Bahnfreude aus mehreren Städten unterstützen dieses Vorhaben eines einstündigen Films in Kritik an der Betonbahn und für eine Klimabahn. Der ausschließlich mit Spenden finanzierte Film wird in Gänze bis Anfang 2022 fertigerstellt sein. In diesem Film wird es – selbstverständlich! – auch einen Abschnitt zu Stuttgart 21 geben. Wir würden uns freuen, wenn Sie das Filmprojekt unterstützen – siehe https://klimabahn-film.de/ .