Verkehrswende-Studie Hannover

Die Klimaerwärmung führt dazu, dass in immer mehr Städten Verkehrspläne erstellt werden, die anscheinend den neuen Herausforderungen gerecht werden. Das trifft – jedenfalls in Deutschland – äußerst selten zu. Vielmehr zeichnen sich diese offiziellen neueren Verkehrspläne dadurch aus, dass das bestehende Modell der Pkw-Mobilität mit viel grüner Salbe versehen wird. Ein Aspekt ist dabei die Elektro-Pkw-Mobilität, fälschlich als „Elektromobilität“ bezeichnet. WW hat auf Aufforderung von Verkehrsinitiativen und politischen Gruppen in Dortmund in und Hannover Studien verfasst, die die bestehenden neuen Verkehrspläne kritisch überprüfen und alternativen formulieren. Hier folgend die Studie zur Stadt Hannover. Sie wurde im Frühjahr 2018 im Auftrag der Fraktion Piraten und LINKE erstellt und im Gemeinderat – Ausschuss für Umwelt – im Mai 2018 vorgestellt. Weiterlesen.

Eine Kritik der beabsichtigten Umsetzung von Elektromobilität in Hannover und ein Zehn-Punkte-Programm „Verkehrswende Hannover“

Fünf Herausforderungen

Die Herausforderungen, vor denen wir in Europa, in Deutschland, in Niedersachsen respektive in der Landeshauptstadt dieses Bundeslandes, in Hannover, stehen, sind hinsichtlich der zukünftigen Stadt- und Verkehrsorganisation sind gewaltig. Sie können auf fünf Ebenen konkretisiert werden:

KLIMASCHUTZ

Selbstverständlich ist: Die CO-2-Emissionen im Verkehrssektor müssen massiv reduziert werden. Laut Eingeständnis der Bundesregierung (Koalitionsvertrag) können die von Deutschland eingegangenen Klimaschutzziele bis 2020 nicht eingehalten werden. Laut Eingeständnis des Klimarats der Vereinten Nationen kann die Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius auf Basis der bisherigen – jüngeren – Entwicklung nicht mehr eingehalten werden; sie könnte nur mit einer deutlichen, wohl radikalen Veränderung der aktuellen Wirtschafts- und Verkehrspolitik noch eingehalten werden.

Tatsächlich kommt es beim Straßenverkehr (und beim Luftverkehr) seit einigen Jahren sogar zum Gegenteil: die das Klima schädigenden Emissionen wachsen wieder an. Auch in Hannover nimmt die Zahl der registrierten Pkw weiter zu; mit aktuellen Stand von Herbst 2017 sind es 215.000; mehr als 95 Prozent davon sind Autos mit Verbrennungsmotoren (fast ein Drittel des gesamten Pkw Bestands sind Diesel-Pkw).

Wer Klimaschutz will, muss für eine umfassende Verkehrswende eintreten.

RECHT auf STADT

Selbstverständlich ist: Die Bevölkerung hat ein Recht auf gesunde Luft. Auf Wohnviertel ohne Verlärmung. Auf Quartiere mit Erholungswert. Auf eine Stadt Hannover, in der der Mensch, nicht zuletzt Kids und Ältere, im Zentrum stehen. Tatsächlich wird dieses Recht weitgehend verwehrt. Das Auto ist allgegenwärtig: auf Wegen, Straßen, Plätzen, ja auf Fahrradwegen, Grünflächen, Plakaten, in der Werbung.

Wer Urbanität will, muss eine umfassende Verkehrswende fordern.

MOBILITÄT für ALLE und NACHHALTIG

Selbstverständlich ist: Die Menschen in Hannover wollen mobil sein, ohne Lärm, der die Nerven belastet und den Schlaf stört. Sie wollen mobil sein, ohne die Gefährdung und den Ausschluss anderer. Sie wollen mobil sein, ohne Luft und Klima zu schädigen. Und sie wollen mobil sein bei vertretbaren Kosten.

Tatsächlich findet das Gegenteil statt: Die konkrete Form der motorisierten Mobilität schädigt Mensch, Urbanität und Klima. Ein Austausch des Antriebs der Pkw – eine umfassende Verbreitung von Elektro-Autos – bringt keine grundsätzliche Veränderung. Hinzu kommt: Mobilität ist oft zu teuer. Elektromobilität in Form von Elektro-Pkw läuft vielfach auf noch höhere Kosten hinaus; auf alle Fälle steigen damit die gesamtgesellschaftlichen Kosten (einschließlich der von der Kommune, dem Land, allgemein den Steuerzahlenden zu tragenden Kosten) deutlich an. Hinzu kommt: Die für eine Mobilität mit Elektroautos aufzubringende gesamte Zeit ist nochmals größer als die Zeit, die im herkömmlichen motorisierten Individualverkehr aufzubringen ist. Damit erhöht sich im Fall der „Elektronmobilität“ die für Mobilität aufzubringende Zeit.

Wer für nachhaltige, demokratische legitimierte und sozial ausgestaltete Mobilität eintritt, muss eine Verkehrswende fordern, in der der nichtmotorisierte Verkehr und der ÖPNV im Zentrum stehen.

DIESELGATE und AUTOKARTELL

Bis heute weigert sich der VW-Konzern, der im Wirtschaftsraum Hannover eine maßgebliche Rolle spielt, die erforderlichen Konsequenzen aus dem Diesel-Skandal zu ziehen. So hält der Konzern alle wichtige Untersuchungsbefunde, so diejenigen der Kanzlei Jones & Day, unter Verschluss. Nur so ist die allgemeine Überraschung darüber zu erklären, dass inzwischen die US-Justiz auch gegen den langjährigen VW-Vorstandsvorsitzenden Winterkorn ermittelt und Belege dafür zu haben scheint, dass die gesamte Spitze des VW-Konzerns frühzeitig von den Manipulationen der Diesel-Motoren Kenntnis gehabt hat, wenn nicht diese direkt operativ mit anleitete.

Der VW-Konzern hat bislang in den USA eingestanden, in verschwörerischer Absicht gegen US-Gesetze verstoßen zu haben. VW bezahlte dafür allein in den USA bisher rund 25 Milliarden Euro Strafen. In der EU und in Deutschland gab es keine auch nur annähernd vergleichbaren Ausgleichszahlungen. Dabei hat der Konzern den Dieselskandal fast unbeschadet überstanden bzw. ausgesessen; die Gewinne des Konzerns befinden sich auf Rekordniveau.

Wenn VW nun erklärt, man werde in der Produktion, in der Modellpolitik und im Verkauf in großem Umfang auf Elektromobilität umstellen, dann dient das teilweise der fortgesetzten Verschleierung des Diesel-Skandals. Hinsichtlich der angemessenen, nachhaltigen Stadt- und Klimapolitik weist dies keine echte Perspektive.

Wer Transparenz und Konsequenz bei Dieselgate einklagt, der kann nicht dabei stehen bleiben, Elektromotoren anstelle von Verbrennungsmotoren zu fordern. Eine umfassende Politik der Verkehrswende wird damit einhergehen müssen, den Dieselskandal und die Vorgänge um das langjährige Autokartell umfassend aufzuklären. Notwendig ist, die verhängnisvolle Macht der Autolobby, wie sie gerade auch in Niedersachsen und in Hannover Tag für Tag zu spüren ist, zu brechen.

VERKEHRSWENDE von UNTEN

Festzustellen ist: Die Menschen sind der Politik vielfach voraus. Das Verkehrsverhalten hat sich oft bereits weg vom Auto, gar von dessen monomodaler Nutzung, entwickelt. Die Zahl der Fahrradfahrenden hat sich deutlich erhöht (in Hannover hat sich der Anteil des Radverkehrs im Zeitraum 2000 bis 2015 rund verdoppelt – und dies, obgleich die offizielle Verkehrspolitik den Radverkehr so gut wie nicht, auf alle Fälle nicht mittel- und langfristig geplant, fördert.

In einigen großen Städten konnten auch die ÖPNV-Anteile gesteigert werden. In Hannover sind hier die Fortschritte kaum zu erkennen; im Gegenteil: Es gibt mancherorts eine Ausdünnung bestehender Bus-Linien.

Der „Umweltverbund“ (zu Fuß gehen, Radfahren, ÖPNV plus Sharing-Angebote) erreicht vielerorts bereits einen Anteil von mehr als 50 Prozent. Auch in Hannover dürfte er nahe dieser psychologisch wichtigen Marge liegen – und dies trotz des weitgehend stagnierenden ÖPNV.

Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern wuchs die „Lust auf Verkehrswende“ – auch weil der Frust über die Auto zentrierte Verkehrspolitik immer größer wird. In weiten Kreisen der jüngeren Bevölkerung hat das Auto seine Stellung als Statussymbol eingebüßt.

Das oberste Ziel einer Verkehrswende lautet: Wer ohne Auto leben will, muss dazu in der Lage sein – und auch ohne Auto mobil bleiben. In Stadt und im Umland. Die Verkehrspolitik der Stadt Hannover sollte sich dabei an dem orientieren, was an fortschrittlicher Entwicklung in diesem Bereich längst stattfindet – oft entgegen der Debatten, Pläne und Politikansätze „da oben“.

  1. Kritik der Konzentration auf Elektro-Autos

Die Mehrheit im Rat der Landeshauptstadt Hannover wird wohl für eine „Umsetzung des Elektromobilitätskonzepts“ plädieren, das heute (am 7. Mai) im Anschluss an unsere Anhörung in der turnusmäßigen Sitzung des Umweltausschusses auf der Tagesordnung steht. Wobei in diesem Papier festgehalten wird: „Elektromobilität [in Form der Ausweitung der Zahl der Elektro-Pkw; W.W.] spielt in diesem Konzept eine herausragende Rolle. Fahrzeuge mit Elektroantrieb [gemeint sind hier faktisch Elektro-Pkw; W.W.] fahren deutlich geräuschärmer, belasten lokal nicht die Luftqualität und leisten, je nach Herkunft des Fahrstroms, wichtige Beiträge zum Klimaschutz.“ Weiter heißt es dort: „Vor diesem Hintergrund legt die Landeshauptstadt Hannover hiermit ein umfassendes Konzept vor, mit dem der Ausbau der Elektromobilität wirksam unterstützt werden kann.“1

In der aktuellen Debatte wird bundesweit und wird in Hannover die eigentlich entscheidende Frage kaum mehr debattiert: Sind Elektroautos denn überhaupt sinnvoll und damit förderungswürdig? Können sie wirklich als wesentlicher Bestandteil einer Verkehrsorganisation gewertet werden, die den Zielen von Nachhaltigkeit, Klimaverträglichkeit, Umweltfreundlichkeit und Stadtqualität gerecht wird?

Dagegen muss dreierlei vorgebracht werden: Erstens ist selbst die Ökobilanz von Elektro-Pkw fragwürdig, wie mehrere Studien gezeigt haben.2 Zweitens sind Elektro-Pkw mit Effekten verbunden, die die Umwelt- und Klimabelastungen zusätzlich erhöhen. Stichwort: Rebound. Drittens wird in den kommenden zehn Jahren – und das ist für den Klimaschutz eine entscheidende Dekade – der real erzielbare Umfang an „Elektromobilität“ derart gering bleiben, dass er in der Klimabilanz gar nicht in größerem Umfang ins Gewicht fallen, zur Bewältigung der realen Umwelt- und Klimaprobleme keinen wesentlichen Beitrag leisten kann.

Das heißt, in den Worten des Umweltbundesamtes: „Elektromobilität darf nicht mit Elektroautomobilität gleichgesetzt werden. Das Umweltbundesamt spricht sich daher gerade in Städten auch für eine konsequente Förderung von Pedelecs, Elektro-Bussen und Elektro-Lkw aus. Hier muss zukünftig mehr getan werden.“3

Vor allem gilt: Es gibt längst sinnvolle, wesentlich preiswertere und in Ansätzen in manchen Stadtteilen von Hannover praktizierte beziehungsweise in Großstädten, die mit Hannover vergleichbar sind, entwickelte und praktizierte Alternativen, die im Rahmen des E-Pkw-Hypes völlig ins Hintertreffen geraten sind – was möglicherweise auch Zweck der E-Pkw-Kampagne ist (siehe Kapitel 3).

E-Autos und Emissionen

Die E-Autos werden gerne mit dem Slogan „null Emission“ beworben. Doch das ist offensichtlich eine Täuschung: Die Emissionen entstehen zwar nicht beim Fahren, aber die Energie muss vorher in die Batterien geladen werden. Dazu dient Energie aus dem Stromnetz, die bekanntlich alles andere als emissionsfrei ist: Noch immer wird in Deutschland weit über die Hälfte des Stroms aus fossilen Quellen gewonnen, an erster Stelle aus Kohle. Das führt dazu, dass das Elektroauto in Hinblick auf klimaschädliche Emissionen beim Fahren nicht viel besser abschneidet als herkömmliche Autos, die mit Benzin oder Diesel fahren – die Emissionen entstehen eben nur an anderer Stelle.

Befürworter der E-Autos führen gerne als Gegenargument ins Feld, dass sie ihr Auto ja nur mit Ökostrom betanken würden. Das ist aber eine Milchmädchenrechnung, denn dieser Ökostrom steht dann an anderer Stelle nicht zur Verfügung. Höhere Nachfrage nach elektrischer Energie heißt auf lange Zeit noch immer, dass Kohlekraftwerke länger laufen. Überdies wird der weitere Ausbau von erneuerbaren Energien zunehmend schwierig, da insbesondere für Windkraftanlagen die Standorte knapp werden und die Ausbaugeschwindigkeit durch die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit der Reduktion der Zuschüsse gedrosselt wurde. Wer sich extra seine eigene Solaranlage für das Laden des Elektroautos aufs Dach schraubt, würde mit einer Einspeisung dieser Energie in das Netz – auch wenn sich das finanziell immer weniger lohnt – deutlich mehr für das Klima tun, weil damit die Nachfrage nach Kohlestrom verringert würde.

Neben dem Energieverbrauch beim Fahren ist vor allem der Energiebedarf für die Produktion von Autos enorm. Ein Elektroauto benötigt nochmals doppelt so viel Produktionsenergie wie ein Auto mit Verbrennungsmotor. Ursache dafür ist vor allem die Batterie. Das führt dazu, dass die gesamte Klimabilanz des Elektroautos sich in nur geringem Umfang von der eines herkömmlichen Autos unterscheidet. Dies deckt sich mit Untersuchungen, wie sie in Österreich in jüngerer Zeit vorgenommen wurden.4 Mit einem vergleichbaren Ergebnis wird in einer neuen schwedischen Studie aus dem Jahr 2017, verfasst von Mia Romar und Lisbeth Dahllöf, dargelegt, dass sich ein Elektro-Auto von der Größe eines Tesla Model S ökologisch erst dann rechnet, wenn man mit diesem acht Jahre lang gefahren ist. In dieser Studie des schwedischen Umweltministerium5 wird gezeigt, dass bereits die Produktion der Lithium-Ionen-Batterien mit enormen Emissionen verbunden ist. Die Autorinnen haben ausgerechnet, dass bei der Herstellung pro Kilowattstunde Speicherkapazität rund 150 bis 200 Kilo Kohlendioxid-Äquivalente entstehen. Im Fall des Tesla Model S mit 85 kWh wären das rund 17 Tonnen CO2. Zum Vergleich: Der jährliche Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 in Deutschland beträgt rund zehn Tonnen. Die Bilanz der beiden Autorinnen: Ein Fahrzeug mit einem benzinbetriebenen Motor könne acht Jahre gefahren werden, bevor es die Umwelt so stark belastet habe wie die Akku-Produktion für ein Tesla Model S. Dabei sei der Stromverbrauch beim Fahren noch gar nicht berücksichtigt. Bei einem kleineren E-Fahrzeug wie dem Nissan Leaf wären es noch etwa drei Jahre.

In der Gesamtbilanz, so die unterschiedlichen Untersuchungen unterscheidet sich die gesamte Klimabilanz des Elektroautos nicht wesentlich von derjenigen eines herkömmlichen Autos.

Die Argumentation, es komme in Zukunft zu einem deutlichen Ausbau der Stromerzeugung auf Basis regenerativer Energiegewinnung erhält auch dadurch einen Dämpfer, dass in Deutschland bis 2022 der Ausstieg aus dem Atomstrom realisiert werden soll. Das aber heißt: Der aktuelle Anteil von rund 13 Prozent muss ersetzt werden. Es bedeutet bereits einen Kraftakt, sollte er durch den Ausbau von Ökostrom ersetzt werden können. Allein dies erfordert, dass der Ökostrom um fast 50 Prozent gesteigert werden muss.

Wohlgemerkt: Ein solches Ziel zu erreichen, ist zwar ehrgeizig, aber aus unserer Sicht durchaus möglich. Doch die reale Energiepolitik in diesem Land läuft nicht darauf hinaus, dass dies verwirklicht werden könnte. Ganz im Gegenteil: Die vorausgegangene Regierung hat den Ausbau von Ökostrom erheblich gebremst. Die aktuelle Regierung verkündete, die Energiepolitik der vorausgegangenen GroKo im Großen und Ganzen fortsetzen zu wollen.

Vor dem Hintergrund durchaus unterschiedlicher Wertungen über die Reduktion von klimaschädigenden Emissionen durch Elektro-Pkw und über die zukünftige Zusammensetzung des Strom-Mixes in Deutschland bleibt die deutlich unterschiedliche CO-2-Belastung der verschiedenen Verkehrsträger bestehen.

Die nachfolgende Grafik illustriert die CO2-Emissionen je Personenkilometer6, die bei Nutzung der verschiedenen Verkehrsmittel entstehen.

Grafik 1: Kohlendioxidausstoß im Vergleich7

Die Berechnungen in der Grafik erfolgten auf konservativer Basis; teilweise werden dabei Faktoren unterstellt, die den Energieverbrauch von Elektro-Pkw beschönigen. So wurde für einen Elektro-Pkw der durchschnittliche Besetzungsgrad eines herkömmlichen Pkw unterstellt. Dies ist eine optimistische Annahme, da, wie unten noch gezeigt wird, die Mehrzahl der Elektro-Pkw im städtischen Verkehr eingesetzt und viele dieser Autos Zweit- und Drittwagen sind. Urlaubsfahrten mit einem höheren Besetzungsgrad, mit denen der durchschnittliche Besetzungsgrad bei Pkw deutlich angehoben wird, entfallen fast vollständig bei Elektro-Pkw.

Danach bringt ein Elektro-Pkw im Vergleich zu einem Pkw, der mit einem Diesel- oder Benzinmotor ausgerüstet ist, nur eine höchst bescheidene Einsparung des das Klima schädigenden Kohledioxids. Massiv weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu Diesel-, Benzin- und Elektro-Pkw fallen jedoch bei Nutzung von Bussen an, wobei hier herkömmliche Busse (mit Dieselmotoren) gemeint sind.

Noch deutlich mehr CO2-Reduktion gibt es bei Fahrten mit der Tram. Im Personenverkehr mit Straßenbahnen fallen im Vergleich zum Elektroauto nur rund 35 Prozent CO2-Emissionen an. Und dann gibt es diesen gewaltigen Spareffekt-Sprung im Fall von Fahrten mit dem Elektro-Fahrrad oder dem herkömmlichen, ausschließlich mit Muskelkraft betriebenen Rad.

Sicherheitsfragen und Unfallgefahren

Als ein Vorteil von E-Autos wird in der Regel der deutlich geringere Straßenverkehrslärm genannt. Dies wird auch in dem „Umsetzungskonzept zur Elektromobilität in Hannover“ an mehreren Stellen ohne jegliche Einschränkung hervorgehoben. So heißt es dort. „Der Einsatz von Elektrofahrzeugen hat ein großes Potential für die Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt. […] Die Reduktion des Verkehrslärms wird in allen Stadtquartiere […] die Aufenthalts- und Wohnqualität deutlich steigern.“8

Das ist ein bisschen richtig, aber auch ein bisschen falsch. Falsch zum einen, weil nach einer Studie des Umweltbundesamtes bei Elektro-Pkw – ähnlich wie bei herkömmlichen Pkw – ab einer Geschwindigkeit von rund 40 km/h das Abrollgeräusch der Reifen und das Fahrgeräusch als Resultat des Luftwiderstandes dominieren. Bei normalen und hohen Geschwindigkeiten gibt es zwischen herkömmlichen Pkw und E-Mobilen also keinen Unterschied hinsichtlich der Lärmbelastungen.9 Es ist nicht zu erkennen, dass die Mehrheit im Rat der Stadt sich entschlossen hätte, eine deutliche Reduktion der Geschwindigkeitslimits zu beschließen – beispielsweise durch eine Hannover-Stadt-flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h.

Falsch ist die zitierte Aussage zum anderen, weil bei niedrigen Geschwindigkeiten der geringere Lärm oder auch mal die Fast-Lautlosigkeit auch ein erhebliches – neues – Sicherheitsproblem darstellen.

Laut dem UPI-Bericht erhöht sich dadurch „das Unfallrisiko für Fußgänger und Fahrradfahrer im Stadtverkehr.“ Wobei Kinder, sehbehinderte und blinde Menschen besonders gefährdet sind. Bislang gibt es dazu nur in den USA umfangreiche, belastbare Untersuchungen. Danach gefährden Hybridautos Fußgänger um 44 Prozent stärker als normale Pkw. Im Fall von Fahrradfahrern ist das Unfallrisiko sogar um 72 Prozent größer. Ergebnis: „Am 16. Dezember 2010“ (also vor nunmehr gut sieben Jahren!) „verabschiedete der US-Kongress deshalb ein Gesetz, wonach geräuscharme und Hybridfahrzeuge im Straßenverkehr deutlich hörbar sein müssen. Die Geräusche müssen automatisch ertönen, wenn das Fahrzeug mit niedriger Geschwindigkeit fährt. Der Fahrer darf diese Technik nicht ein- und ausschalten können.“10

Die fatalen Rebound-Effekte

Der weitere kritische Punkt beim Verkehr mit Elektroautos sind sogenannte Rebound-Effekte: Es handelt sich dabei um Nebenwirkungen oder Rückkopplungseffekte einer Maßnahme, die die damit verbundenen eigentlichen Zielsetzungen konterkarieren und letztendlich auch mal zum Gegenteil des ursprünglich mit der Maßnahme Beabsichtigten führen. „Übersteigt der Rebound-Effekt den Einsparungseffekt quantitativ, wird er auch als Backfire-Effekt bezeichnet.“11 Die im Folgenden skizzierten drei Rebound-Effekte rechtfertigen die Aussage, dass zumindest unter den gegebenen Bedingungen die Verbreitung der E-Pkw in größerem Umfang, so wie dies aktuell von der offiziellen Verkehrspolitik bundesweit und in Hannover durch die Mehrheit im Rat betrieben wird, einem Backfire-Effekt nahe kommt.

Finanzieller Rebound – Zunahme von Pkw-Fahrten: Die steuerliche Ungleichbehandlung von Benzin und Elektrizität kombiniert mit günstigen Lademöglichkeiten für Elektro-Pkw führt dazu, dass die Betriebskosten von Elektro-Pkw in der Regel wesentlich niedriger liegen als diejenigen von Pkw mit Benzinmotoren. Die auf die Fahrleistung bezogenen Betriebskosten eines Elektro-Pkw in Deutschland betragen weniger als die Hälfte verglichen mit den Betriebskosten eines herkömmlichen Pkw. Sie sind auch niedriger als die ÖPNV-Kosten. Es kann daher bei einer wachsenden Zahl von Elektro-Pkw „zu einer Neuinduktion von Autoverkehr und zu einer Verlagerung von Personenverkehr von der Schiene auf die Straße kommen“.12

Funktionaler Rebound – die meisten E-Pkw ersetzen kein Pkw mit Verbrennungsmotor – zu kommt zu einem Wachstum von Zweit- und Drittwagen: Da die Reichweite von Elektro-Pkw nach wie vor gering ist und da Personenwagen mit Elektromotor oft erhebliche finanzielle Vorteile und Privilegien (freie Stellplätze z.B.) eingeräumt werden, verwendet der überwiegende Teil der Nutzenden sie nicht etwa zum Ersatz eines herkömmlichen Autos, sondern als zusätzliches Auto. Bei einer Befragung in Deutschland 2014 unter 3000 Besitzern von Elektroautos ergab sich: 43 Prozent der Käufer von Hybrid-Pkw und sogar 59 Prozent der Käufer reiner Batterie-Pkw nutzten ihr Elektrofahrzeug als zusätzlichen Pkw. Nur rund die Hälfte schaffte mit dem Kauf eines solchen Pkw einen herkömmlichen ab. In einem aktuellen Bericht in der „Zeit“ war zu lesen: „Umfragen bestätigen: Der typische E-Auto-Käufer ist 51 Jahre alt, männlich, gebildet und wohnt auf dem Land. Der Stromer steht für das gute Gewissen im Carport. Lange Wochenend- und Überlandfahrten legt er im Erstwagen mit Verbrennungsmotor zurück. Das ist auch in Norwegen so. Der Weg zum Wochenendhäuschen ist weit und steil. Und Ladesäulen gibt es in der Einsamkeit von Fjord und Fjell kaum. Entsprechend geben im Stromerparadies zwei Drittel aller Neuwagenkäufer dann doch lieber etwas mehr Geld aus –und entscheiden sich für einen Verbrennungsmotor.“13

In Norwegen gibt es bei der E-Auto-Förderung ein Rekord-Niveau. Was entscheidend zum dortigen Rekordabsatz von Elektro-Pkw beigetragen hat. Und gerade in Norwegen ist das E-Auto überwiegend der Zweitwagen. In Norwegen konnte man 2017 bereits an 7000 öffentlichen Ladesäulen kostenlos parken und Strom tanken. Das Auto ist komplett steuerfrei zu erwerben. Mautstraßen und Fähren (!) können gratis benutzt werden. Im städtischen Verkehr darf man zügig auf den Busspuren an den im Stau stehenden Benzin-und Diesel-Stinkern vorbeiziehen. Die norwegische Förderung der E-Autos hat sogar zur Folge, dass man bei der Grundinvestition, dem Kauf eines Pkw, im Fall des Erwerbs eines Elektroautos rund 1500 Euro weniger zu bezahlen hat als beim Kauf eines vergleichbaren Benziners.

Unter diesen Bedingungen bewirkt die E-Pkw-Mobilität eine Zunahme an Pkw-Verkehr und vor allem in den Städten ein nochmals größeres Flächenproblem.

Grafik 2 dokumentiert den funktionalen Rebound – das Elektroauto als Zweitwagen und als Teil des Anwachsens des Pkw-Verkehrs.

Grafik 2: Verwendung von Elektroautos als zusätzliche Autos14

Interessanterweise – oder soll man sagen: fatalerweise? – wird dieser Aspekt im den Planungen in Hannover zugrundeliegenden „Umsetzungskonzept Elektromobilität“ positiv hervorgehoben. So wenn es dort heißt: „Batteriekapazitäten von 40 bis 80 kWh beeinflussen qualitativ und quantitativ die Nachfrage für Ladeinfrastruktur. […] Fahrzeuge mit geringerer Batteriekapazität können zu günstigeren Preisen angeboten werden und so eine Attraktivität im Zweit- und Drittwagensegment entwickeln.15

Mentaler Rebound – ÖPNV-Verluste: Da Elektro-Autos als „grüne Mobilität“ und als „Null-Emissions-Fahrzeuge“ propagiert werden, führt dies, zusammen mit den unter dem Thema „Finanzieller Rebound“ beschriebenen finanziellen Anreizen der niedrigeren Betriebskosten zu einer Verhaltensänderung in der Organisation der individuellen Mobilität:16

Wer sich ein E-Auto anschafft, legt in der Regel ab diesem Zeitpunkt sehr viel mehr Fahrten mit dem eigenen Auto zurück als zuvor. Der Anteil der Fahrten mit dem öffentlichen Verkehr geht massiv zurück. Vor allem bei den Wegen zur Arbeit nutzen Besitzer von Elektro-Autos deutlich häufiger das Auto als öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad oder die eigenen Füße. Ein „Vorher-Nachher-Vergleich“ verdeutlicht den Einfluss des E-Pkw-Kaufs auf das Nutzerverhalten. Grafik 3 liefert dafür die Ergebnisse von Untersuchungen im europäischen Elektroautoparadies Norwegen.

Grafik 3: Änderung der Verwendung der Verkehrsmittel vor und nach dem Kauf eines Elektroautos17

Die norwegischen Erfahrungen dürften grundsätzlich auf andere Länder übertragbar sein. Zumal es sich weltweit um das Land mit dem relativ höchsten Elektro-Pkw-Park (E-Pkw als Anteile an 1000 Einwohnern) handelt.

Ein solches Ergebnis ist jedoch absolut kontraproduktiv. Damit wird mit den E-Autos als zusätzliche Pkw und als Zweitwagen der Flächenbedarf von Pkw in Städten erhöht. Der motorisierte Individualverkehr in den Ballungszentren nimmt deutlich zu – und damit die davon ausgehenden Gefahren u.a. für Fußgänger und Fahrradfahrer. Schließlich kommt es zu einem Rückgang der PNV-Nutzung und damit ziemlich sicher auch zu wachsenden Defiziten der ÖPNV-Unternehmen.

Die Tatsache, dass die Mehrheit im Rat der Landeshauptstadt Hannover einerseits die „Elektromobilität“ in Form eines Wachstums der Zahl der Elektro-Pkw fordert und fördert und andererseits dies nicht mit einem Ausbau des ÖPNV begleitet wird, unterstreicht genau diese Gefahr: mit dieser Art „Elektromobilität“ wird der ÖPNV geschwächt

  1. Das realistische Potential für den Ausbau der Elektromobilität in China, in Deutschland, in Hannover

Das den Diskussionen in Hannover zugrunde liegende „Umsetzungskonzept Elektromobilität“ konstatiert: „Dabei bestehen keine Zweifel mehr darüber, dass sich die Elektromobilität durchsetzen wird.“ Das ist eine steile These; Japan – immerhin die zweitgrößte Autobauernation – setzt ausschließlich auf herkömmliche Antriebe und auf Brennstoffzellen-Antrieb (was gesondert zu diskutieren und zu kritisieren wäre18).

Doch lassen wir diese These unwidersprochen so im Raum stehen. Im folgenden Satz in dem zitierten „Umsetzungskonzept“ versteckt sich dann ein großes Problem; dort heißt es: „Für die Schaffung von Rahmenbedingungen für den Betrieb von Elektroautos ist es unerheblich, ob das Ziel von einer Million Elektroautos in Deutschland im Jahr 2020 fristgerecht erreicht wird.“ 19

Wirklich unerheblich? Ist dies auch dann unerheblich, wenn nur ein Zehntel dieses Ziels – oder zumindest weniger als 20 Prozent dieses Ziels erreicht werden sollte? Und wenn das so ist – warum formulierte man überhaupt ein solches Ziel? Denn natürlich sehen die „Rahmenbedingungen“ dann ganz anders aus, wenn von dem Ziel nur ein Bruchteil realisiert werden wird. Und dies ist der Fall. Sehen wir uns die Entwicklung in China, in Deutschland und in Hannover genauer an. Die Euphorie über den Anstieg der Elektro-Pkw-Produktion und die im Anwachsen befindlichen Bestände mit Elektro-Autos ist allerorten groß. Dabei werden in erster Linie Prozentzahlen in den Mittelpunkt gerückt. Wachstumsraten im höheren zweistelligen Bereich sind natürlich sensationell. Dass sie von einer niedrigen, ja von einer fast bei null liegenden Basis ausgehen, steht dann auf einem anderen Blatt. Beziehungsweise es geht aus der folgenden Tabelle 1 hervor. Wir haben in dieser Tabelle zwei höchst unterschiedliche, aber zugleich doch recht repräsentative Automärkte, den chinesischen und den deutschen, miteinander verknüpft. China ist nicht nur der größte Automarkt, sondern auch der mit Abstand größte Absatzmarkt für Elektro-Pkw. Deutschland wiederum ist repräsentativ für die EU; der Elektro-Pkw-Bestand hierzulande und dessen Entwicklung sind typisch für Europa, aber auch für Japan und die USA.

Dargestellt werden in der Tabelle alle registrierten Pkw (also solche mit herkömmlichem und solche mit Elektroantrieb) und, dann gesondert, die Elektro-Autos. Es geht also jeweils um die Bestände, um die im Einsatz befindlichen und registrierten Personenkraftwagen bzw. Elektroautos.20

Letzteres ist deswegen wichtig, weil die für Deutschland berichteten Verkaufszahlen ein deutlich überhöhtes Wachstum unterstellen. Sehr viele Elektro-Autos, die in Deutschlandverkauft werden, sind nach wenigen Monaten nicht mehr auf deutschen Straßen und Plätzen bzw. auch nicht mehr in Garagen in Deutschland zu sehen. Sie tauchen in anderen Ländern auf – wobei dabei offensichtlich jeweils vor dem Exodus die hiesigen steuerlichen Vergünstigungen abgegriffen werden. Schließlich sind die beiden Länder insofern aussagekräftig, als der addierte Gesamtbestand der in China und in der BRD im Einsatz befindlichen Elektrofahrzeuge 55 Prozent der weltweit überhaupt in Einsatz befindlichen Elektroautos ausmacht.

Tabelle 1: Pkw-Bestand und Elektro-Pkw-Bestand in China und Deutschland 2005-201721

1 2 3 4 5 6 7 8 9

China Deutschland

Pkw-Bestand In Tsd. Zuwachs in Tsd. E-Pkw- Bestand absolut E-Pkw in % Pkw- Bestand Pkw-Bestand in Tsd. Zuwachs in Tsd. E-Pkw- Bestand absolut E-Pkw in % Pkw- Bestand
2005 21.300 45.375
2006 26.200 4.900 46.600 1.225
2007 31.900 5.700 41.100* -5.500*
2008 38.400 6.500 41.300 200
2009 48.500 10.100 41.500 200
2010 61.600 13.100 15.000 0,02 41.737 237 1.588 0,004
2011 74.900 13.300 25.000 0,03 42.300 564 2.307 0,005
2012 87.400 12.500 50.000 0,05 42.928 626 4.541 0,01
2013 101.400 14.000 70.000 0,06 43.431 503 12.156 0,03
2014 117.500 16.100 100.000 0,09 43.851 420 13.049 0,03
2015 135.800 18.300 290.000 0,21 44.403 552 18.948 0,04
2016 155.000 20.200 680.000 0,44 45.071 668 25.502 0,05
2017 170.000 14.000 1.650.000 0,97 45.804 733 60.000 0,13

* Änderung in der Statistik (ab diesem Zeitpunkt ohne die „vorübergehend abgemeldeten“ Pkw)

Bei der Statistik sind die folgenden drei Aspekte bemerkenswert:

Erstens gibt es einen nennenswerten – in Zahlen messbaren – Bestand an Elektro-Pkw erst seit dem Jahr 2011. Dies steht in einem deutlichen Kontrast zur Tatsache, dass von Elektroautos und über „Elektromobilität“ seit Jahrzehnten gesprochen wird und dass in den zitierten Debatten über die Reform der mit Pkw bewerkstelligten Mobilität immer wieder auf einen kommenden Boom der Elektroautos gesetzt wurde. Dabei kann es auch zu erheblichen Rückschlägen kommen. So brach 2017 der Markt für Elektroautos in Dänemark fast komplett zusammen – weil die Subventionen wieder – zumindest zeitweilig – gestrichen wurden.22 Einen vergleichbaren Einbruch beim Absatz von E-Mobilen gab es 2017 in den Niederlanden, ebenfalls verursacht durch einen Rückgang der bislang großzügigen steuerlichen Förderung. Und selbst in China gibt es inzwischen Vergleichbares: In diesem behaupteten Musterland für „Elektromobilität“ war im ersten Quartal 2018 der Absatz von Elektroautos deutlich rückläufig. Auch hier war es ein Abbau der staatlichen Fördermaßnahmen, der dazu wesentlich beitrug. Dabei handelt es sich keineswegs um „falsche Politik“. Die massive Förderung von Elektro-Autos ist nur dann ohne größere Umverteilungen im Einsatz der Steuergelder möglich, solange die Zahl der Elektro-Pkw eine kleine ist. Bei größerem Bestand an Elektroautos und wachsenden Anteilen von Elektro-Pkw bei Neuwagenkäufen sind diese massiven Förderprogramme nicht durchzuhalten.

Zweitens liegt der Anteil der Elektroautos an allen im Einsatz befindlichen Pkw in diesen zwei weltweit führenden E-Pkw-Absatzmärkten 2017 mit rund einem Prozent in China und mit 0,13 Prozent in Deutschland weiterhin extrem niedrig. Hier gibt es zwar deutliche Steigerungen, doch diese sind vor allem der niedrigen Ausgangsbasis geschuldet.

Drittens sind Angaben zum E-Auto-Bestand als solchem oder zum Wachstum desselben hinsichtlich der entscheidenden Frage der Klima- und Umweltbelastung eher uninteressant. Interessant ist doch die folgende Relation: Im Jahr 2017 wurde der Bestand von Pkw in China um rund 14 Millionen erhöht. Hinzu kamen zumindest rund eine Million zusätzliche Elektro-Kraftfahrzeuge (Pkw, Busse und Transporter), also die Differenz zwischen dem Elektro-Kfz-Bestand von 680.000 im Jahr 2016 und demjenigen von 1,65 Millionen 2017. Das heißt, die Umwelt und das Klima werden 2017 mit den Schadstoffen des Altbestands aus dem Jahr 2016 und mit den Schadstoffen von zusätzlichen rund 13 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotoren belastet. Hinzu kommen nun die eine Million Elektrofahrzeuge, die ihrerseits mit Belastungen verbunden sind.

Vergleichbares gilt für Deutschland: Es gab 2017 ein Plus im gesamten Bestand von 733.000 Personenwagen. Und es gab ein weiteres Plus von rund 35.000 Elektro-Fahrzeugen. Wir haben also die klassischen Belastungen für Klima, Umwelt und Urbanität, die der Altbestand an herkömmlichen Pkw und die rund 700.000 zusätzlichen Pkw mit herkömmlichen (Benzin- und Diesel-) Motoren mit sich bringen. Und es gibt Belastungen durch die zusätzlichen rund 35.000 Elektrofahrzeuge.

An diesen grundlegenden Entwicklungstendenzen wird sich in den nächsten sieben Jahren (bis 2025) oder auch zehn Jahren nichts ändern. Das Wachstum der Pkw mit herkömmlichem Antrieb wird in absoluten Zahlen auch im Jahr 2025 deutlich größer sein als das absolute Wachstum der Elektro-Pkw.

Wir erleben also einen kaum gebremsten Wachstumsprozess im Bereich der Automobilität – und das ist Gift für das Klima und für den Planeten. Und wir erleben einen weiteren Anstieg der zur Klimaerwärmung beitragenden Emissionen einerseits durch Pkw mit herkömmlichem Antrieb und andererseits durch Elektro-Pkw und die mit diesen verbundenen zusätzlichen Umwelt- und auch Klimabelastungen.

Und wie sehen die Zahlen für Hannover aus? Im „Umsetzungskonzept Elektromobilität“ finden wir eine Tabelle, in der – höchst optimistisch gerechnet – mit einer „Prognose angemeldeter Elektroautos in Hannover für 2020 und 2025“23.

Danach soll es in Hannover 2020 etwa 6.000 angemeldete Elektroautos geben (2017 waren es 1800!). Bis 2025 sollen es 21.000 sein.

Selbst wenn der Gesamtbestand an Pkw in Hannover eingefroren bleiben würde und wenn alle neuen Elektroautos alte Pkw mit herkömmlichem Antrieb ersetzen würden, heißt das: Dann läge 2025 in Hannover der Anteil von Elektroautos am Gesamtbestand bei rund acht Prozent. In Wirklichkeit gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass dieser Bestand mit herkömmlichen Pkw statisch bleiben würde. Er wird, bei den gegebenen Bedingungen, weiterwachsen. Und sehr viel spricht dafür, das ein großer Teil der Elektroautos in Hannover dann Zweit- und Drittwagen sein würden.

Selbst wenn es bei einem Gesamtbestand von rund 215.000 Pkw bleibt, dann haben wir 2025 CO2-Emissionen von mehr als 190.000 herkömmlichen Pkw (mit den dazu gehörenden Lärmemissionen) und Emissionen den gut 20.000 Elektro-Pkw. Der Klimaeffekt ist damit minimal. Das gleiche gilt für die anderen, der „Elektromobilität“ zugesprochenen vorteilhaften Auswirkungen.

Elektro-Autos erhöhen die Zeit, die unproduktiv für Verkehr eingesetzt wird – sie senken die „verallgemeinerte Durchschnittsgeschwindigkeit“

Der Zeitaufwand, der in der bestehenden Gesellschaft für die Alltagsmobilität – also für notwendige Fahrten – aufzubringen ist, ist deutlich größer als der entsprechende Zeitaufwand, der in früheren Perioden dafür aufgewandt wurde. . Zersiedelung und Staus sind wesentliche Ursachen dafür.

Dabei sind die Überlegungen des Philosophen und Jesuiten Ivan Illich interessant. Dieser entwickelte den Begriff einer „abnehmenden verallgemeinerten Durchschnittsgeschwindigkeit“ und entwickelte die Theorie von „zeitraubender Geschwindigkeiten“.

Für Illich kann die Geschwindigkeit im Verkehr nicht allein als Formel „km/h“, als zurückgelegte Entfernung (in km) dividiert durch die im Verkehr verbrachte Zeit (die Zeit im Verkehrsmittel oder während einer Fahrt) verstanden werden. Vielmehr müsse man in den Divisor die Zeit einrechnen, die der betreffende Mensch benötige, um sich um das Verkehrsmittel (das Auto) zu kümmern und um den Gegenwert (durch Arbeit) zu schaffen, den das Ticket kostet, oder den das Autofahren erfordert (für Kraftstoff, Strom bzw. für die anteiligen Kosten am Fahrzeug selbst, welche wiederum mit den Abschreibungen erfasst werden).

Auf dieser Basis kommt er insbesondere für den Autoverkehr auf Geschwindigkeiten, die geringer sind als diejenige im Fahrradverkehr – wobei beim Radeln natürlich die Errechnung der verallgemeinerten Durchschnittsgeschwindigkeit auf vergleichbare Weise zustande kommt, nur, dass hier die anteiligen Kosten für das Verkehrsmittel selbst, das Fahrrad, kaum ins Gewicht fallen.

Im Fall der Elektromobilität gibt es einen enormen zusätzlichen Zeitbedarf. Die deutlich kürzeren Reichweiten, die erforderliche zeitaufwendige Suche nach günstigen Lademöglichkeiten und die im Vergleich zum Tankvorgang massiv höheren Zeiten für das Aufladen der Batterie sind dafür verantwortlich. Zumal die Anhänger dieser Art Elektromobilität davon ausgehen, es müsse bei Verwirklichung der „Elektromobilität“ ein „intelligentes Laden“ geben – das Laden sollte also überwiegend beispielsweise dann erfolgen, wenn die Belastung der Stromnetze eine geringe ist (was wiederum über einen höchst unterschiedlichen Preis des „Stromerns“ zu den verschiedenen Zeiten „intelligent gesteuert“ werden müsse).

„Zeit ist Geld“, heißt es eigentlich in der bestehenden Ökonomie. Und diese Maxime gilt in der neoliberalen Phase der gegenwärtigen Wirtschaft mehr denn je. Gemütliche Kaffee-Pause? Nein danke – es gibt coffee-to-go! In Ruhe ein Mittagstisch? Nein – wir ruinieren uns mit fast food. In Ruhe auf Post, einen Brief, ein Paket warten? Um des Gottes aller Boten, um Merkurs willen! Gefordert wird die Lieferung in kürzest möglicher Zeit. E-Mails sind sofort zu beantworten…

Doch bei der Elektromobilität gilt all das plötzlich nicht mehr. Für den Betrieb von Batterie-Pkw ist wesentlich mehr Zeit aufzubringen als für Pkw mit Verbrennungsmotoren. Ein normaler Ladevorgang dauert fünf bis zehn Stunden. Selbst mit den aufwendigen – und hinsichtlich der Infrastrukturaufwendungen sehr teuren – „Supercharger“-Ladestationen sind mindestens 20, eher 30 Minuten je Ladevorgang einzukalkulieren.

Tesla bietet Lounges dort, wo Supercharger die Tesla-Modelle aufladen. Um dort einen Lungo zu genießen, darf man sich dann auch lungo tiempo nehmen. Geprüft wird vom Tesla Boss, Elon Musk, auch die Idee, bei solchen Ladestationen Kinderspielplätze einzurichten.

Hier ist, allerdings aus rein technischen Gründen, plötzlich Entschleunigung angesagt.

Ein alternatives Verkehrswende-Programm für Hannover und Region

Ganz offensichtlich weist die Orientierung auf Elektromobilität in Form von stetiger Steigerung der Zahl der Elektro-Pkw nicht in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit. Sie weist auch nicht in Richtung einer rationalen Verkehrsorganisation. Wenn alle Pkw in Hannover Elektro-Pkw wären, dann wäre der Flächenverbrauch so groß wie heute. Der Stau wäre derselbe wie gegenwärtig. Und die unverantwortlich hohe Zahl von Todesopfern und Verletzten, die dem Straßenverkehr zuzuschreiben sind, wäre dieselbe. Daran würde ein Plus an Car-Sharing und an Vernetzungen unterschiedlicher Art nicht allzu viel ändern.

Notwendig ist aus meiner Sicht eine grundsätzlich andere Verkehrspolitik. Eine Verkehrswende Hannover, die der Nachhaltigkeit und der Klimaverträglichkeit verpflichtet ist, lässt sich in den folgenden zehn Punkten zusammenfassen.

Erstens: Die Rahmenbedingungen bzw. den Verkehrsmarkt zugunsten der „grünen Verkehrsarten“ neu ordnen //

Die bestehende Verkehrsmarktordnung fördert massiv die Verkehrsarten Luftverkehr und Straßenverkehr, die die Umwelt und das Klima massiv schädigen. Grundsätzlich müssen die drei „grünen“ Verkehrsarten zu Fuß gehen, radfahren und öffentlicher Verkehr mit Bus, Tram, S-Bahn und Bahn (auch als „Umweltverbund“ bezeichnet) begünstigt und die „roten“ Verkehrsarten Autofahren und Luftfahrt verteuert und eingeschränkt werden. Stichworte: Keine Steuervorteile für Geschäftswagen, Besteuerung von Diesel, Kerosin und Schweröl, Tempolimits auf Autobahnen (max. 120 km/h) und in den Wohngebieten (Tempo 30).24 Offensichtlich kann auf der Ebene der kommunalen Politik bzw. auf „Hannover-Ebene“ in diesem Bereich nur beschränkt etwas erreicht werden. Was auch heißt, dass diejenigen, die in der Stadt und im Rat Verantwortung haben, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten (im Städtetag, im VDV, vermittelt über ihre Parteien) für eine solche grundlegend veränderte Politik einsetzen müssen.

Einige Stellschrauben gibt es hier jedoch auch auf kommunaler Ebene: So sind eine Parkraumbewirtschaftung unabdingbar; die Kosten für die Nutzung von öffentlichem Raum durch den MIV sollten deutlich erhöht werden. Ein weiterer Bau von Straßen und von Parkhäusern sollte grundsätzlich nicht mehr stattfinden (Ausnahmen bestätigen diesen Grundsatz). Ein Rückbau der Infrastruktur für Straßenverkehr steht auf der Tagesordnung. Auch ist zu prüfen, wie teuer der Airport Hannover die Kommune und die Menschen im Umland des Flughafens – Stichwort: Lärmbelästigung im Allgemeinen und Nachtflüge und Störung der Nachtruhe für viele Zehntausend im Besonderen – kommt. Eine Subventionierung des Flughafens Hannover aus Steuermitteln der Stadt verbietet sich jedenfalls.

Zweitens: Förderung von Dezentralität und von „kurzen Wegen“ //

Es muss eine systematische Struktur- und Steuerpolitik der kurzen Wege verfolgt werden. Dadurch werden automatisch die grünen Verkehrsarten gefördert und die „roten“, vor allem der Pkw-Verkehr, deutlich reduziert. Wir erlebten in den vergangenen fünfzig Jahren eine absurde, strukturell begünstigte und oftmals – z.B. durch Zersiedelung und durch Konzentration im Einzelhandel – erzwungene Verkehrsinflation. Diese wird auch durch die Grund- und Bodenordnung und die Bodenspekulation – und damit durch überhöhte und ständig steigende Mieten – vorangetrieben, eine Entwicklung, die gerade in den vergangenen Monaten zu massiven Protesten der betroffenen Mieterinnen und Mieter geführt hat.

Ein Hannoveraner bzw. eine Hannoveranerin legte in den 1970er Jahren rund 9000 km jährlich motorisiert zurück. Heute sind es gut 50 Prozent mehr oder rund 14.000 Kilometer. Mehr zurückgelegte Kilometer sind nicht gleichzusetzen mit mehr Mobilität. So hat die Zahl der einzelnen Wege (im Beruf, beim Einkaufen, in der Freizeit, im Urlaub) nicht zugenommen. Zugenommen haben in erster Linie die Entfernungen bei jedem einzelnen Weg. Diese Verlängerung der Wege muss so weit wie möglich zurückgenommen werden. Alle Wege in den Bereichen Beruf, Ausbildung, Verwaltung, Freizeit sollten so weit wie möglich verkürzt werden. Teilweise erfordert dies eine längerfristige Planung und neue Grundlagen hinsichtlich der Gesetze und anderer bindender Vorschriften. Teilweise können hier aber auch kjurzfristig erhebliche Erfolge erzielt werden. So reduziert eine für Freizeitaktivitäten attraktive „Stadt für die Menschen“ anstelle der aktuellen „Autostadt Hannover“ automatisch den Freizeitverkehr: Man genießt die verkehrsberuhigte Stadt, flaniert auf den Straßen, lebt auf zusammen mit den vielen neuen Straßencafés und Restaurants mit Tischen im Freien. Der Freizeitverkehr macht derzeit rund 50 Prozent der mit Pkw zurückgelegten Kilometer aus. Das Einsparpotential, das hier mit einer Verkehrswende-Stadt Hannover existiert, ist also gewaltig.

Generell gibt es keinen vernünftigen Grund, warum auf längere Sicht mit einer solchen Strukturpolitik nicht weitgehend wieder das Niveau an motorisiert zurückgelegten Kilometern, wie es vor 45 Jahren vorherrschte (in einer Zeit, in der es im allgemeinen Verständnis eine „Wohlstandsgesellschaft“ und wenig mehr als ein Prozent Arbeitslosenquote gab), erreicht werden kann. Die Zauberworte heißen: Priorisierung von Nähe; Dezentralisierung von Strukturen. Lebenswerte grüne Wohnquartiere. Straßencafés anstelle von Pkw-Abstellräumen. Entschleunigung zwecks Lebensgenuss und zur Rückgewinnung von Urbanität.25

Drittens: Notwendig ist eine klare Zielvorgabe – für einen nachhaltigen modal split //

Das „Umsetzungskonzept Elektromobilität Hannover“ enthält keine Angaben zu dem zukünftigen Modal split. Das ist für die höchst ambitionierte Zielsetzung „Klimaverträglichkeit“ unverantwortlich. Notwendig ist eine klare Zielsetzung, wie sich der Verkehr in Hannover entsprechend seiner Verteilung auf die unterschiedlichen Verkehrsträger – auf Füße, Pedale, Öffis und Autos – entwickeln soll.

Wir halten eine Modal-split-Entwicklung wie in der folgenden Tabelle 2 aufgezeigt für realistisch und zielführend:

Tabelle 2: Modal split in Hannover 2016, 2025 und 2030

Verkehrsträger 2016 2025 2030 Best practice (2015)
Füße 24 27 28 Venedig: 65%; Bern: 39%
Pedale 19 25 35 Kopenhagen: 45%; Münster 39%
Öffis 19 22 27 Zürich: 32%; Venedig [vaporetti] 35%
Pkw (MIV & Carsharing) 38 26 10 Basel: 18%
Summe 100 100 100

Es handelt sich hier, wie noch dargestellt werden wird, um eine konservative Rechnung. Es ist angesichts der vorliegenden praktischen Beispiele mit Städten, die mit Hannover vergleichbar sind, durchaus vorstellbar, dass die grünen Verkehrsarten in den Jahren 2025 und 2030 nochmals deutlich höhere Anteile erreichen könnten und damit der Pkw nochmals deutlich reduziert werden würde. So liegt in Bern der Fußgänger-Anteil heute bereits wesentlich höher als derjenige, den wir für Hannover 2030 vorsehen. Kopenhagen hat heute bereits einen Fahrradverkehrsanteil, der deutlich höher als derjenige im Hannover-Modal Split im Jahr 2030 vorgesehene ist. Der ÖPNV-Anteil in Zürich wiederum liegt heute bereits höher als der Öffi-Anteil, den wir in der Tabelle für Hannover für 2030 vorgeben. Basel wiederum hat heute bereits einen MIV-Anteil von weniger als 20 Prozent. Alle angeführten Best-practise-Städte sind mit Hannover vergleichbar – bis auf den Sonderfall, zugleich ein durchaus interessanter Fall – Venedig.26

Viertens: Der nichtmotorisierte Verkehr – und hier insbesondere der Fahrradverkehr – muss einen besonders hohen Stellenwert erhalten //

Der nichtmotorisierte Verkehr (zu Fuß Gehen und Radeln) taucht in vielen Statistiken und bei vielen modernen Stadtplanern nur als (lästige?) Randerscheinung auf. Das trifft auch auf die aktuelle Verkehrspolitik in Hannover und auf das „Umsetzungskonzept Elektromobilität“ zu. Zu Fuß gehen gibt es dort erst gar nicht. Und Fahrradfahren taucht fast ausschließlich in Form von E-Bikes, also Pedelecs,m auf.

Eine überzeugende Verkehrswende muss das zu Fuß gehen und Rad ins Zentrum rücken. Kopenhagen (teilweise auch Amsterdam und Münster) lehren: Allein das Potential für Fahrradverkehr liegt inzwischen bei 45 Prozent aller Wege (= des Verkehrsaufkommens) und bei 40 Prozent der in Städten zurückgelegten Kilometer (= der Verkehrsleistung). Zusammen mit dem Fußgängerverkehr kommt der nichtmotorisierte Verkehr dann, wenn er gezielt gefördert und mit der Strukturpolitik der kurzen Wege verbunden wird, auf rund 60 Prozent der Wege und auf mehr als 45 Prozent der zurückgelegten Kilometer. Um das Potential des nicht motorisierten Verkehrs auch zu realisieren, müssen in großem Maßstab Fahrradwege, Fahrradschnellwege und vor allem Fahrradstreifen – in die Straßen integrierte und deutlich markierte Zonen, die für den Fahrradverkehr reserviert sind, gebaut werden. Reine Zonen für nicht motorisierte Verkehre sollten deutlich ausgeweitet werden. In diesen dürfen auch keine Elektro-Pkw zugelassen werden.

Die dänische Hauptstadt Kopenhagen – sie ist mit 615.000 Einwohnern etwas größer als Hannover – ist inzwischen europaweit die Fahrrad-Stadt Nummer 1. Mehr als 40 Prozent aller Wege werden dort per Rad realisiert. Hannover und Kopenhagen sind Großstädte ohne größere Erhebungen; also sehr gut geeignet für Radverkehr jeder Art. In Kopenhagen gibt es sogar wesentlich mehr Regentage als in Hannover.

All das spricht dafür, dass die Kopenhagen-Werte für die Anteile des Fahrradverkehrs auch in Hannover erreicht werden können.27 Dabei ist eine Förderung von Pedelecs sicher sinnvoll. Die große Masse des Radverkehrs wird jedoch auch in Zukunft mit klassischen, wenn auch mit moderner Technik ausgestatteten Fahrrädern stattfinden.

Eine wichtige Zwischenbilanz und Erkenntnis ist hier wichtig festzuhalten: Plant man eine Verkehrswende mit der Priorität „nicht motorisierter Verkehr“, dann läuft auch sehr schnell das Totschlagargument ins Leere, wonach eine massive Reduktion der Kosten für Mobilität, gar flächendeckende Nulltarife, zu einem nicht bewältig baren Ansturm auf den ÖPNV führen würde.

Fünftens: Notwendig ist ein deutlicher Ausbau des ÖPNV //

Bestehende Bussysteme sollten ausgebaut und möglichst auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden. Das kann durch Elektrobusse erfolgen. So wird dies auch im „Umsetzungskonzept Elektromobilität“ für Hannover vorgeschlagen.

Hier stellt sich eine grundsätzliche Frage: Warum heißt „Elektromobilität“ im Bereich des motorisierten Verkehrs heute, dass jedes Fahrzeug seine Energie „getankt“ mit sich führen muss? Schließlich ist das damit verbundene Gewichtsproblem bei der seit rund einem Jahrhundert existierenden Elektromobilität bei der Bahn, bei Straßenbahnen, U-Bahnen oder Oberleitungsbussen (Trolley-Busse) elegant gelöst: Bei diesen traditionellen Verkehrsmitteln der Elektromobilität wird Energie immer genau dann zugeführt, wenn sie benötigt wird. Sie muss nicht mittransportiert werden.

Hier ist interessant, dass selbst im Bereich von Bussen die heutigen Propagandisten der Elektrofahrzeuge immer nur von Elektrobussen mit Batterien bzw. Akkus reden. Dass es gerade im ÖPNV per Bus mit den O-Bussen bzw. mit den Trolley-Bussen eine deutlich effizientere Lösung gibt, dass diese O-Busse auch heute noch in drei deutschen Städten (Solingen, Esslingen und Eberswalde) unterwegs sind, dass im Nachbarland Schweiz in einem halben Dutzend Städten (in Lausanne, Genf, St. Gallen, Zürich, Winterthur und insbesondere in der Schweizer Bundeshauptstadt Bern) größere O-Busse-Netze existieren, dass es in jüngerer Zeit in St. Gallen und Winterthur sogar Volksabstimmungen gab, in denen sich die Bevölkerung deutlich für den O-Bus entschied, dass in Salzburg das europaweit größte O-Bus-Netz existiert, das immer weiter ausgebaut wird, in dem aktuell im Jahr 41 Millionen Fahrgäste auf 12 Linien mit 100 Fahrzeugen befördert werden. … all das geht in dieser Debatte unter bzw. wird verdrängt.28

Das heißt: In Hannover sollte die Einführung von O-Bus-Systemen bzw. die Umwandlung von Dieselbusse auf Trolley-Busse geprüft und eine solche Option mit den kurz- und langfristigen Kosten für die Anschaffung und den Betrieb von Elektrobussen (von reinen Batterie-Busse) verglichen werden.

Oberirdisch geführte, schienengebundene Verkehrsmittel (S-Bahnen und Straßenbahnen) erhalten bei ÖPNV-Fahrgästen in der Regel die höchsten Akzeptanz-Quoten. „Wo wir fahren lebt Zürich“ – so lautet der richtungsweisende Wahlspruch der Züricher Tram. Wobei es in Zürich eine klare Entscheidung gegen unterirdisch geführte Bahnen (Tram oder Stadtbahn oder U-Bahn) gab (Volksentscheide inbegriffen).

Ein Straßenbahnkilometer kostet maximal ein Viertel eines Kilometer mit unterirdisch geführter Bahn (Trambahn, Stadtbahn oder U-Bahn). Und zwar bei gleicher Transportkapazität. Trams liegen bei den ÖPNV-Benutzenden in der Beliebtheitsskala an der Spitze. Das gilt insbesondere für Niederflur-Straßenbahnen.

Hannover verfügt über ein leistungsfähiges Straßenbahnnetz. Die „Verbannung“ von vielen Tram-Kilometern in den Untergrund war Teil der – auch im „Umsetzungskonzept Elektromobilität für Hannover“ hervorgehobenen – Zielsetzung der „autogerechten Stadt“. In Hannover müsste zur Realisierung des nachhaltigen Modal split der ÖPNV und hier vor allem das Tram-Netz um rund 20 Prozent ausgebaut und der Fahrzeugpark um rund 30 Prozent erweitert werden. Dabei sollte der erforderliche Ausbau des Tramnetzes ausschließlich in Form oberirdisch geführter Linien durchgeführt werden. Ein Umbau de Tramstrukturen auf Niederflurfahrzeuge, wie sie sich inzwischen in fast allen Großstädten der Welt durchsetzen, wäre wünschenswert.

Sechstens: Geprüft werden sollte in Hannover ein ÖPNV-Nulltarif. Als Übergangslösung kann das Modell „1-Euro-pro ÖPNV-Tag“ (360 Euro Jahres Ticket) geprüft werden //

Die Bundesregierung schlug im Februar 2018 für fünf Städte Modelle für einen kostenfreien Nah- und Regionalverkehrs vor. Auch wenn dabei Hannover nicht als Modellstadt auserkoren war, sollte man die Bundesregierung beim Wort nehmen und auch in der niedersächsischen Landeshauptstadt in dieser Richtung aktiv werden. Es gibt inzwischen einige Erfahrungen mit ÖV-Nulltarifen. Die „Semestertickets“ beispielsweise sind solche durch eine Einmalgebühr, die Semestergebühren, finanzierte Nulltarife. Als diese Studi-Tickets vor mehr als zwei Jahrzehnten erstmals gefordert wurden, wurde dies mit unterschiedlichen, oft angeblich „objektiv“ begründeten Argumenten abgewiesen. Heute gilt dies als sozial erreichter (und klimapolitisch verantwortungsbewusster) Standard für Millionen Studierende.

In der estnischen Hauptstadt Tallinn gibt es seit knapp einem Jahrzehnt einen ÖPNV-Nulltarif (für die Bevölkerung in der Stadt selbst). Tallinn ist – ähnlich wie Kopenhagen – hinsichtlich der Bevölkerungszahl weitgehend mit Hannover vergleichbar (Tallinn hat Anfang 2018 431.000 und Hannover hat 532.000 Einwohner).

Vor allem aber liegt das Pro-Kopf-Einkommen in Tallinn bei der Hälfte desjenigen in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Es ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar, warum das, was in Tallinn möglich ist, nicht auch für Hannover denkbar sein soll.

Eine Zwischenlösung könnte das sein, was in Wien und im österreichischen Bundesland Vorarlberg seit einigen Jahren mit großem Erfolg praktiziert wird: Das Jahresticket im ÖPNV kostet 360 Euro. Ein Euro pro Tag für ÖPNV, ergänzt um eine großzügige „soziale Komponente“, könnte auch eine große Mehrheit der Bevölkerung in Hannover für einen Umstieg auf den ÖPNV überzeugen. Wählte man eine solche 360-Eiro-Jahtesticket-Lösung, dann könnte man während dieser Zwischenstufe, bei der die Nachfrage nach ÖPNV „nur“ um 15.20% steigen dürfte, den ÖPNV weiter ausbauen, und auf diese Weise die strukturellen Voraussetzungen für einen späteren Hannover-weiten ÖPNV-Nulltarif schaffen.

Siebtens: Förderung von autofreien und auto-armen Quartiere //

Aktuell ist viel die Rede davon, dass die „Ladeinfrastruktur für Elektromobilität“ massiv ausgebaut werden müsse. Das dürfte technisch und hinsichtlich der erforderlichen Flächen dann auf enorme Probleme stoßen, wenn die Zahl der Elektro-Pkw eine gewisse Größe überschreitet. In Oslo, das als „Mekka der Automobilität“ gepriesen wird, wird inzwischen vom Kauf eines E-Pkw dann abgeraten, wenn der potentielle Besitzer eines E-Car nicht über eine eigene Ladeinfrastruktur verfügt.

Wie dargestellt, wird selbst im Jahr 2025 in Hannover die Zahl der Elektro-Pkw maximal acht Prozent des Gesamtbestands an Pkw ausmachen. Wobei viele dieser E-Autos Zweit- und Drittwagen sein werden. Förderungsmaßnahmen dieser Art kommen also nur einer kleinen, wohl eher einer besser und sehr gut verdienenden Minderheit zugute.

Wesentlich mehr Menschen in Hannover haben gar kein Auto – weder eines mit herkömmlichem Antrieb noch heute oder in Zukunft ein E-Autos. Rund ein Drittel aller Haushalte in der niedersächsischen Landeshauptstadt lebt – freiwillig oder notgedrungen – ohne Pkw. Eine Verkehrspolitik, die auf Nachhaltigkeit setzt, muss vor allem diese Zielgruppe im Auge haben..

Längst gibt es den Wunsch von vielen Menschen nach Wohnviertel ohne Auto(verkehr). Längst sind erste Quartiere mit wenig Autos Wirklichkeit. Inzwischen werben sogar Winter- und Sommerurlaubsorte mit „autofrei“.

Die Politik muss diese Wünsche aktiv aufgreifen. Nichts macht mehr Appetit auf Autofreiheit wie die autofreie Praxis. Es gilt, das Entstehen von autofreien Quartieren zu fördern. Modellversuche mit Titeln wie „Autofreie Stadt“ oder „Auto arme Stadt“ oder „Stadt für die Menschen“ stehen auf der Tagesordnung. Eine solche Politik der kurzen Wege erfordert auch wirksame Maßnahmen gegen die Bodenspekulation und zur Senkung von Mieten in zentralen Lagen (so eine neu konstruierte, das heißt wirksame Mietbremse).

Achtens: Citylogistik & deutliche Reduktion des Güterverkehrs und erst dann Verlagerung//

Der Güterverkehr und der Lieferverkehr wachsen von Jahr zu Jahr. Seit 1990 hat sich der Straßengüterverkehr verdoppelt. Laut „Umsetzungskonzept Elektromobilität in Hannover“ soll der Güterverkehr auf Straßen im Raum Hannover weiter deutlich – um 12-15 Prozent – wachsen.

Und warum? Der Lebensstandard blieb in den vergangenen 25 Jahren weitgehend auf dem gleichen Niveau. Es gab in den letzten drei Jahrzehnten eine mit Blick auf die Erwärmung des Planeten nicht zu verantwortende Steigerung der Transportintensität. In einer Ware von ein und derselben Qualität stecken immer mehr Transportkilometer.

Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen jede pauschale Forderung, wonach der Güterverkehr auf die Schiene (oder auf Elektroscooter) verlagert werden müsse, problematisch. U.a. weil damit neuer Verkehrslärm verbunden sein kann. An erster Stelle müssen bei einer Verkehrswende im Güterverkehr Maßnahmen zur Reduktion des Güterverkehrs stehen – was zugleich auf eine Stärkung der regionalen Wirtschaft hinausläuft.

Dies sollte ergänzt werden mit Planungen für eine effiziente Citylogistik. Der VW-Konzern entwickelte beispielsweise für sein Werk in Leipzig (früher: Phaeton; heute Elektro-Golf) das Modell für eine solche Citylogistik, bei der speziell dafür gebaute Güter-Trams das (im Innenstadtbereich liegende) Werk mit allen Zulieferungen versorgen. Warum sollte ein solches Modell nicht auch für die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover, in der VW ja unbestritten eine größere Rolle spielt, realisierbar sein?29

Neuntens: Einbindung in den regionalen und bundesweiten Verkehr //

Erforderlich ist, den innerstädtischen Verkehr in den Bereichen Radverkehr und ÖPNV in den regionalen (und z.T. überregionalen) Verkehr einzubinden. Ein erheblicher Teil des bestehenden innerstädtischen Verkehrs besteht aus Ziel- und Quellverkehren aus der Region und in die Region hinein (u.a. Pendler; Einkaufsverkehre; Freizeitverkehre). Diese Verkehre können auf längere Sicht teilweise deutlich reduziert werden.

Neue Fahrradschnellwege können dazu beitragen, dass ein Teil des Pendlerverkehrs, der bislang als MIV oder ÖPNV stattfindet, auf Fahrräder verlagert wird (siehe erneut Kopenhagen, wo insbesondere bei den Berufswegen ein sehr hoher Teil derselben aufs Fahrrad verlagert wurde).

Diese Einbindung erfordert auch einfache und attraktive Lösungen hinsichtlich der Tarife und des Fahrplans (hinsichtlich des überregionalen Verkehr einen „Deutschlandtakt“). Soziale Aspekte sind dabei zu berücksichtigen (siehe im Raum Region Hannover die Debatte zur „Nordwestbahn“).

Grundsätzlich stellt sich die Frage, welchen Sinn aufwendige und bei jeder Umstellung mit erheblichen Belastungen für die Beschäftigten und die Fahrgäste verbundene Ausschreibungen und ein Scheinwettbewerb in einem System haben, in dem der Schienenpersonennahverkehr (seit Mitte der 1990er Jahre) zu mehr als 60 Prozent durch staatliche Mittel – die Regionalisierungsgelder – finanziert wird und in dem, wie in Niedersachsen (und inzwischen auch in Baden-Württemberg inzwischen der Fall) auch der Fuhrpark (die Züge, Loks und Wagengarnituren) mit Landesmitteln finanziert werden.

Das „unternehmerische Risiko“ tendiert hier längst gegen Null; es findet hier primär eine Abzocke staatlicher Gelder durch private Unternehmen statt, hinter denen sich im Übrigen dann oft wieder Tochtergesellschaften benachbarter staatlicher Bahnen verbergen.

Zehntens: Verkehrswende und Demokratie //

Die dringend erforderliche Verkehrswende in Hannover und Region wird nur gelingen, wenn sie von einer breiten Bewegung in der Bevölkerung unterstützt, ja getragen wird. Sie muss zu einem Demokratieprojekt der Bürgerinnen und Bürger werden. Das ist keine reine Frage der PR. Dazu sollte auch über neue institutionalisierte Formen demokratischer Beteiligung – beispielsweise ein Fahrgastrat – nachgedacht werden.

In jedem Fall müssen die bestehenden Verbände im Umwelt- und Verkehrsbereich und die mit dem Thema befassten Gewerkschaften mit einbezogen werden.

Die Anhörung, die dazu am 7. Mai 2018 stattgefunden hat, sollte dazu beitragen, dass solche demokratische Möglichkeiten geschaffen werden und dass auf diese Weise die erforderliche Verkehrswende realisiert wird.

Anmerkungen:

1 Umsetzungskonzept zur Elektromobilität in Hannover – Hannover stromert, S. 2.

2 Zu nennen sind hier insbesondere die „OPTUM“-Studie des Öko-Instituts von 2012 und die Studie „Ökologische Folgen von Elektroautos“ des Umwelt- und Prognose-Instituts (UPI) in Heidelberg 2015 (siehe;. http://www.upi-institut.de/UPI79_Elektroautos.pdf). 2017 kam eine Studie des Trancik Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei einem Vergleich zwischen dem Benzin-Pkw-Modell Mitsubishi Mirage mit dem E-Pkw-Modell Tesla S (P100D) zu ähnlichen und den folgenden Ergebnissen: Das Benzin-Modell kommt auf den Lebenszyklus umgerechnet auf 51.891 kg CO2-Äquivalente; der Elektro-Tesla auf 61.115. Umgerechnet auf einen gefahrenen Kilometer ist der Benziner für 191 Gramm CO2, der Elektro-Pkw für 226 Gramm CO2-Äquivalente verantwortlich. Ein Plus von 17 Prozent. Die Studie ist insofern interessant, als sich das erwähnte Institut, angeführt von Prof. Jessica Trancik, zu den Promotern von Elektro-Pkw rechnet. Siehe Patrick McGee, „Green driving´s dirty secret“, in: Financial Times vom 9. November 2017.

3 Siehe: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klimaschutzziele-nur-elektromobilitaet-erreichbar


4 In der Publikation zur „Lebenswegeanalyse der CO-2-Emmissionen eines Mittelklasse-Pkw – Betrachtung ohne Fahrzeugherstellung [!]“ kommt der Autor Werner Tober zu den folgenden Ergebnissen: Ein solcher Pkw emittiert auf Basis des (im Vergleich zur BRD deutlich klimafreundlicheren) österreichischen Strom-Mixes 60 g CO2 je gefahrenen Kilometer, auf Basis des EU-Strom-Mixes sind es 82 g/CO2/km, auf Basis des deutschen Strom-Mixes 130 g/CO2/km und auf Basis des Strom-Mixes der VR China 190 g/CI2/km. Nach: Hans-Peter Lenz (Hrsg), Werner Tober, Praxisbericht Elektromobilität und Verbrennungsmotor. Analyse elektrifizierter Pkw-Antriebskonzepte, Wiesbaden 2016, S. 19. Unter Einbezug der Fahrzeugherstellung liegen die Werte höher; die Spanne bei den Vergleichen bleibt jedoch weitgehend dieselbe.

5 Mia Romare und Lisbeth Dahllöf, The Life Cercle Energy Consuption and the Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion-Batteries. A Study with focus on current Technology and Batteries for light-duty vehicles, IVL – Swedish Environmental Research Institute, Stockholm 2017. Wobei die Forscherinnen keineswegs erklärte E-Pkw-Gegnerinnen sind. Ihre Forderungen lauten: Hersteller und Verbraucher müssten mit kleineren Batterien auskommen – was ein Gegensatz darstellt zum Drang, immer reichweitenstärkere Autos herzustellen. Auch die Richtlinien, die in China am 1.1.2019 in Kraft treten, laufen erklärtermaßen auf eine Förderung größerer Reichweiten hinaus. Unter den gegebenen Bedingungen heißt dies, große und schwere E-Autos werden besonders gefördert.

6 Personenkilometer (Pkm) = Person multipliziert mit der Zahl der zurückgelegten Kilometer hier also eine Person, die einen km zurücklegt).

7 Entnommen aus der UPI-Studie „Ökologische Folgen von Elektroautos“, a. a. O., S. 6.

8 Umsetzungskonzept…, a.a.O., S. 37.

9 https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm

10 UPI-Bericht, a. a. O., S. 36. Daimler hat einen Sound-Generator entwickelt, der jedoch nur in Elektro-Daimler-Pkw in den USA und in Japan serienmäßig zum Einsatz kommt. Schließlich gibt es in der EU und in Deutschland diesbezüglich keine gesetzliche Verpflichtung. Dass die zitierte US-Untersuchung sich nur auf Hybrid-Pkw bezog, mindert die Aussagekraft nicht; ihre Ergebnisse lassen sich 1:1 auf Elektro-Pkw übertragen, da Hybrid-Pkw im langsamen Stadtverkehr in erster Linie mit dem Elektromotor betrieben werden. Eher gilt, dass die größere Unfallgefahr erst recht für Elektro-Pkw zutrifft, da diese ausschließlich mit Elektromotor, also bei langsamer Fahrweise weitgehend ohne Fahrgeräusch betrieben werden.

11 UPI-Studie, S. 36.

12 UPI-Studie, S. 38.

13 http://www.zeit.de/wissen/2017-07/e-auto-elektromobilitaet-praemie-umwelt-kosten/seite-2

14 UPI-Studie, S. 43.

15 A.a.O., S. 9. Hervorgehoben von W.W.

16 Eine entsprechende Studie wurde im E-Auto-Mekka Norwegen durchgeführt.

17 Entnommen aus der UPI-Studie, S. 40.

18 Bei den Brennstoffzellen für japanische Pkw wird der für den Antrieb notwendige Wasserstoff in Australien mit der Verbrennung von Braunkohle hergestellt und von dort nach Japan verfrachtet. Dafür wurde ein langfristiger Vertrag abgeschlossen; es geht hier also nicht um eine kurzfristige Überbrückung. Siehe Frankfurter allgemeine Zeitung vom 4. April 2018; http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/japan-will-mit-wasserstoff-und-kohle-die-energiewende-schaffen-15524955.html

19 A.a.O., S. 7.

20 Bei den Elektro-Autos, die hier dargestellt sind, handelt es sich um alle Elektro-Fahrzeuge, also um Elektro-Pkw und um Busse bzw. um andere Nutzfahrzeuge (letzteres meint meist Transporter). Für das Herausfiltern der reinen Elektro-Pkw erweist sich die Statistik als unzureichend. Diese gewisse Ungenauigkeit fällt jedoch bei den hier dargestellten Zahlen nicht ins Gewicht. Indem es diese statistische Ungenauigkeit gleichermaßen für China und die BRD gibt, ist auch eine Vergleichbarkeit gegeben.

21Angaben in der Tabelle nach: Laufende OICA-Statistik und EV Volumes.com – The Electrical Vehicle World Sales Database; undhttps://www.vox.com/energy-and-environment/2017/9/13/16293258/ev-revolution

22 Siehe: https://www.bloomberg.com/news/articles/2017-06-02-denmark-is-killing-tesla

23 Siehe „Umsetzungskonzept…“, a.a.O., S. 31. Hier steht irrtümlich „2015“ anstelle „2025“.

24 Inzwischen sind in Deutschland 70 Prozent aller Neuzulassungen Dienstwagen; nur noch 30 Prozent neuer Autos gehen an Privatleute. Der Automarkt würde also schlicht kollabieren bzw. die Autonachfrage würde erheblich zurückgehen, wenn es diese steuerliche Privilegierung nicht geben würde. Es handelt sich dabei überwiegend um teure Autos mit meist hohen CO-2-Emissionen; der (bezahlte!) Durchschnittspreis eines im Jahr 2017 neu zugelassenen Dienstwagens lag bei 39.469 Euro. Die Dienstwagen gehen zu 75 Prozent an Männer. Elektro-Autos gibt es als Dienstwagen nur in homöopathischer [statistisch nicht mehr erfassbarer] Dosierung. Die zweitgrößte Einzelgruppe unter den Dienstwagen (differenziert nach 14 Kategorien wie „Oberklasse“, „Obere Mittelklasse“, „Mittelklasse“, „Kleinwagen“, „Van“ usw.) sind … SUVs. 2017 wurden rund 600.000 neue SUV zugelassen – als Geschäftswagen. Angaben nach: Handelsblatt vom 1. Dezember 2017.

25 Elektro-Autos bringen den entgegengesetzten Effekt, bedeuten Zentralisierung. Die Ladestationen werden knapp und zentralisierend sein. Große Einkaufszentren werben bereits heute damit, dass es eine Strom-„Zapfsäule“ gibt. „Tante Emma“ kann da nie und nimmer mithalten. Kleine Läden wurden bereits mit dem normalen Pkw dezimiert. Die „Elektromobilität“ wird ihnen den Todesstoß versetzen.

26 In Venedig findet Mobilität ausschließlich zu Fuß und mit Öffis (den vaporetti) statt. Das hat die bekannten natürlichen Gründe. Doch liegt dies auch daran, dass es die Analogie zum MIV in Form eines motorisierten Individual-Motorboots-Verkehrs kaum gibt, u.a. weil die Liegeplatzt-Gebühren extrem hoch sind. Das Beispiel ist durchaus vergleichbar – z.B. mit einer Stadt wie Heidelberg. Siehe dazu: Siehe Egon Grund, Venedig – Vorbild einer autofreien Stadt?, Dortmund 1993.

27 Wir blieben in der Modal-Split-Perspektive für Hannover 2025 und 2030 deutlich unter den Werten, die heute bereits in Kopenhagen erreicht wurden.

28Siehe auch: Gunter Mackinger: Der Obus in Salzburg. Verlag Kenning, Salzburg 2005. Im Übrigen gibt es O-Bus-Systeme in vielen osteuropäischen und russischen Städten; auch in den chinesischen Städten Peking, Guongzhou, Shanghai, Wuhan.

29 Es ist bezeichnend, dass die eher bescheidende Forderung im „Umsetzungskonzept Elektromobilität für Hannover” nach baldiger Umstellung des städtischen Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge von der Mehrheit im Rat der Stadt nicht mehr vertreten wird.